14.09.2021
Seit jeher ist der Begriff „Feuerwehr“ eng damit verbunden, dass die Retterinnen und Retter nach dem Alarm mit ihren Fahrzeugen schnell zu Hilfe eilen. Das ist nicht ungefährlich. Was eine wichtige Rolle spielt, damit Feuerwehrfahrzeuge sicher betrieben werden, erklären wir in diesem Artikel.
„Wohin rast die Feuerwehr?“ fragt ein altes Kinderbuch aus den 70er Jahren. Ein großes rotes Feuerwehrauto prangt auf der Titelseite des Buches und lässt Kinderaugen leuchten. Seit jeher ist der Begriff „Feuerwehr“ eng damit verbunden, dass die Retterinnen und Retter nach dem Alarm mit ihren Fahrzeugen schnell zu Hilfe eilen. Das ist nicht ungefährlich. Was eine wichtige Rolle spielt, damit Feuerwehrfahrzeuge sicher betrieben werden, erklären wir in diesem Artikel.
Die Fahrzeuge sind neben dem Feuerwehrhaus mit den (meist) roten Toren das Markenzeichen der Feuerwehr. Die Feuerwehrautos rücken von der großen Feuerwache im 24-Stunden-Betrieb in einer Großstadt zum Einsatz aus, genauso wie vom kleinen Spritzenhaus im Dorfkern. Die Alarmfahrt mit Sondersignal ist eine aufregende Sache – und sie ist auch nicht ungefährlich. Das Risiko für Einsatzfahrzeuge zu verunglücken, ist im Vergleich zu Normalfahrten deutlich erhöht (17-fach für Sachschäden, 8-fach für Schwerverletzte, 4-fach für Todesfolgen).
Besondere Verantwortung – besonders wichtige Unterweisung
Feuerwehrleute, die Feuerwehrfahrzeuge fahren, tragen eine besondere Verantwortung. Klar gilt die Straßenverkehrsordnung, die Besonderheit liegt vor allem aber darin, dass Mannschaft und Geräte in besonderen Fahrzeugen mit speziellen Aufbauten transportiert werden. Leben und Gesundheit sind unbezahlbar. Die Fahrzeuge selbst haben oftmals einen Wert von mehreren hunderttausend Euro. Es sind Spezialanfertigungen, die über andere und zudem besondere Eigenschaften als herkömmliche LKW verfügen. Nicht ohne Grund muss besonders darauf Wert gelegt werden, dass die Fahrermaschinistinnen und -maschinisten, die die Fahrzeuge bewegen, regelmäßig zu unterweisen sind.
Die Unterweisungspflicht für den Feuerwehrdienst regelt § 8 der Unfallverhütungsvorschrift (UVV) „Feuerwehren“ (DGUV Vorschrift 49). Weil durch besondere Gefahren bei Sonderrechtsfahrten besonderer Unterweisungsbedarf besteht, nimmt § 8 Abs. 2 der UVV ausdrücklich Bezug auf dieses Thema. Den Betrieb von Feuerwehrfahrzeugen regelt § 19. Dort ist z.B. festgelegt, dass Feuerwehrfahrzeuge nur von Personen ab dem vollendeten 18. Lebensjahr geführt werden dürfen, die ihre Befähigung (Fahrerlaubnis) hierzu gegenüber der Unternehmerin oder dem Unternehmer nachgewiesen haben, im Umgang mit den Fahrzeugen unterwiesen sind und dafür bestimmt wurden. In § 19 Abs. 3 wird zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Feuerwehrangehörige regelmäßig besonders zu unterweisen sind, wenn sie Feuerwehrfahrzeuge unter Verwendung von blauem Blinklicht und Einsatzhorn führen.
Soweit die Theorie. Praktisch muss man sich vor Augen halten, was diese Unterweisungspflicht bedeutet – und dass sie gerade im Bereich des Feuerwehrdienstes nicht einfach als „eine Vorschrift unter vielen“ abgetan werden darf. Alle Feuerwehrangehörigen müssen heil an der Einsatzstelle ankommen und nach dem Einsatz wieder unbeschadet zum Feuerwehrhaus zurückkehren. Unfälle mit Feuerwehrfahrzeugen haben nicht selten verheerende Folgen.
Regelmäßiger Umgang mit den Fahrzeugen übt
Mit der Unterweisung fängt es
an. Zudem muss der praktische Umgang mit den Feuerwehrfahrzeugen, z.B.
bei Bewegungsfahrten, regelmäßig geübt werden. Nur wenn Fahrpraxis
gesammelt wird, lässt sich das sichere Handling trainieren. Der
besondere organisatorische Umstand der Freiwilligen Feuerwehr bringt es
mit sich, dass die Fahrermaschinistinnen und -maschinisten oftmals im
Hauptberuf keine LKW-Fahrer sind und die Feuerwehrfahrzeuge eher
unregelmäßig bewegen. Zudem ist das Fahrverhalten eines vollbesetzten
Löschgruppenfahrzeuges nicht mit dem eines herkömmlichen
Lastkraftwagens vergleichbar: Das Feuerwehrauto hat eine komplett
andere Lastverteilung, einen großen Wassertank und schwere
Gerätschaften an Bord. Damit verfügt es über einen hohen Schwerpunkt
sowie ein besonderes Kurven- und Bremsverhalten. Der spezielle Umstand des psychischen Drucks einer
Alarmfahrt und der Umstand, dass sich eine ganze Mannschaft mit im
Fahrzeug befindet, während der Fahrt gefunkt und gesprochen wird, machen
das Fahren eines Feuerwehrfahrzeuges umso anspruchsvoller.
Altes und neues Cockpit nebeneinander. Die Unterschiede in der Bedienung sind immens. (Bilder: Ulf Heller / HFUK Nord)
Mehrere
Fahrzeuggenerationen nebeneinander
Viele Feuerwehren verfügen über einen
Fahrzeugbestand aus mehreren Generationen, verschiedenen Herstellern
und damit einhergehenden technischen Besonderheiten. Da steht ein
Rundhauber-Fahrgestell aus den frühen 70er Jahren neben einem
supermodernen Fahrzeug neuster Generation und allen Raffinessen. In
manchen Wehren wird noch mit Fahrzeugtechnik aus DDR-Zeiten zu Einsätzen
ausgerückt. Gerade bei diesen Unterschieden wird deutlich, wie wichtig
der regelmäßige Umgang und die Vertrautheit mit der Technik sind.
Wechseln die Fahrermaschinistinnen und -maschinisten die Fahrzeuge
häufig, so kann die Umgewöhnung zu einer Herausforderung werden. Eben
noch ein Fahrzeug mit Automatikgetriebe, Bremsassistent, ABS, ESP, ASR,
Lenkunterstützung, Spurhalte- und Fernlichtassistent sowie
Verkehrszeichenerkennung zu fahren und dann auf eines umzusteigen, was
den frühen 80er Jahren des letzten Jahrhunderts entstammt und nicht
einmal über Kopfstützen, geschweige denn eines der erwähnten Systeme,
verfügt. Das sind reale Risiken.
Und auch bei supermodernen Autos steckt
die Tücke manchmal im Detail: Ist ein Feuerwehrfahrzeug beispielsweise
mit einem Spurhalteassistenten ausgerüstet, muss der Umgang damit vor
allem bekannt und geübt sein, wenn Alarmfahrten absolviert werden.
Durch die Funktionsweise des Assistenzsystems kann es beim Überfahren
von Fahrbahnmarkierungen zu bösen Überraschungen kommen, wenn die
Technik eingreift und Lenkmanöver oder abrupte Bremsungen erzwingen
möchte. Kurzum, die moderne Technik kann helfen und den Fahrbetrieb
sicherer machen. Der Umgang mit ihr muss allerdings regelmäßig
trainiert werden.
Aus alt mach neu?
Es klingt verlockend:
Feuerwehrfahrzeuge gibt es nicht nur neu zu erwerben – der Markt bietet
auch gebrauchte, ältere Fahrzeuge, die meist eine Generalüberholung
durchlaufen und dann auf ein zweites Feuerwehrleben warten.
Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden, doch es muss auf ein paar
Dinge geachtet werden. Teilweise weichen Gebrauchte auf Grund ihres
Alters nicht unerheblich vom heutigen Stand der Technik moderner
Feuerwehrfahrzeuge ab. Das gilt natürlich auch für die verbaute
Sicherheitstechnik. Deshalb muss darauf geachtet werden, dass die
wichtigsten Systeme wie z.B. ABS bereits mit an Bord sind. Gleiches gilt
in den Mannschaftskabinen für Rückhalteeinrichtungen wie
Sicherheitsgurte.
Manchmal sind gebrauchte Feuerwehrfahrzeuge nicht für den deutschen Markt produziert worden und entsprechen somit nicht den hiesigen Anforderungen. Zudem sollten bei den Unterhaltungskosten etwaige Reparaturen und Ersatzteilbeschaffungen berücksichtigt werden, die aufwendig, langwierig und kostspielig sein können, je älter das Fahrzeug ist. Im schlimmsten Fall kommt es zu längerfristigen Ausfällen der Technik.
Regelmäßige Prüfungen
Um Feuerwehrfahrzeuge sicher
zu betreiben, müssen regelmäßige Prüfungen erfolgen. Zum einen müssen
die Fahrzeuge gemäß StVZO entsprechend der festgelegten Prüfintervalle
die sogenannte Hauptuntersuchung absolvieren. Damit wird die
Verkehrssicherheit festgestellt. Zur Überprüfung der Betriebssicherheit
der Feuerwehrfahrzeuge kommt neben der Verkehrssicherheit die
Kontrolle der Arbeitssicherheit hinzu. Eine Überprüfung der
feuerwehrtechnischen Beladung erfolgt gemäß der vorhandenen Ausstattung
mit Geräten und Ausrüstungsgegenständen entsprechend der vorgegebenen
Prüfzyklen. Genauere Informationen darüber liefert der DGUV Grundsatz 305-002 „Prüfgrundsätze für Ausrüstung und Geräte der Feuerwehr“.
Befinden sich besondere Gerätschaften an Bord (z.B. Stromerzeuger,
Plasmaschneider) oder Anbauten an den Feuerwehrfahrzeugen (z.B.
Ladebordwand, Ladekran), unterliegen diese besonderen Prüfkriterien
und -fristen gemäß Herstellerangaben sowie zum Teil weiterer
Vorschriften wie beispielsweise der Betriebssicherheitsverordnung.
Selbstverständlich gehören die regelmäßige, vorbildliche Wartung und Pflege ebenso zum sicherheitsgerechten Betreiben von Feuerwehrfahrzeugen wie die fachgerechte Durchführung von Reparaturarbeiten.
Ein besonderes Augenmerk muss auf das Thema Bereifung gelegt werden: Gerade bei Feuerwehrautos mit sehr geringen Laufleistungen verliert man das Thema Reifenalterung schnell aus dem Blick. Immer wieder entdecken die Aufsichtspersonen der Feuerwehr-Unfallkassen bei ihren Begehungen in den Feuerwehrhäusern an „alten Schätzen“ auch abenteuerlich alte Reifen – zu alt, um mit ihnen sicher unterwegs zu sein. Auch wenn der Reifen noch gut aussehen mag, verändert sich mit den Jahren die Materialeigenschaft des Gummis. Ein eklatantes Sicherheitsrisiko entsteht. Die grundsätzliche Empfehlung lautet daher, die Reifen nach 8-10 Jahren zu ersetzen. An dieser Stelle sei zudem auf die allgemeine Pflicht hingewiesen, dass Winterreifen auch an Feuerwehrfahrzeugen zu montieren sind, wo es bauartbedingt möglich ist.
Alles fest
verstaut?
Wohl so ziemlich alle Feuerwehrfahrzeuge sind wie eine Art
„Gemischtwarenladen“ unterwegs, wenn man sie unter dem Gesichtspunkt
all der unterschiedlichen mitgeführten Geräte und
Ausrüstungsgegenstände betrachtet. Selbst ein
Mannschaftstransportfahrzeug führt im Kofferraum häufig Material zur
Verkehrsabsicherung, Notfallrucksäcke und verschiedene Werkzeuge mit.
Geht es im Sommer damit auf Ausflugsfahrten mit der Jugendfeuerwehr,
kommt schnell zusätzlich einiges an Reisegepäck zusammen.
Was an dieser
Stelle verdeutlicht werden soll, ist das wichtige Thema der
Ladungssicherung in Feuerwehrfahrzeugen. Alles muss fest und sicher
verstaut sein. Lose Gegenstände, Werkzeuge und Behälter in
Mannschaftskabinen werden bei Vollbremsungen oder einer Kollision zum
Geschoss – nicht nur bei Alarmfahrten ein unkalkulierbares Risiko für
Gesundheit und Leben der Feuerwehrangehörigen.
Die Ladungssicherung spielt nicht nur im Fahrzeug, sondern auch am Fahrzeug eine wichtige Rolle: Die Dachbeladung der Löschfahrzeuge, zu der häufig Leitern, Schlauchbrücken und weitere Geräte gehören, muss ebenfalls sicher sein, um Risiken für andere Verkehrsteilnehmende zu vermeiden. Das Thema „Ladungssicherung“ ist übrigens Schwerpunkt der Ausgabe Nr. 49 unserer Präventionsschrift „Der Sicherheitsbrief“, die in diesem Frühjahr erscheint.
Arbeiten an Fahrzeugen
In, an und auf Feuerwehrfahrzeugen
sind viele, teilweise sehr schwere Gerätschaften verlastet. Werden diese
entnommen, besteht Verletzungsgefahr z.B. durch Einklemmen oder Stoßen.
Alle Geräteauszüge, Schlitten und Staufächer müssen sicher sein, die
Arretierungen müssen tadellos funktionieren. Werden Gerätschaften, die
auf dem Dach des Aufbaus mitgeführt werden, entnommen oder verladen,
besteht die Gefahr eines Absturzes. Sichere Aufstiegsmög-lichkeiten und
ein rundumlaufender Absturzschutz sind unerlässlich. Um spezielle
Komponenten wie Drehleiterpark, Feuerlöschpumpe, Seilwinde und
weitere Anbauten (z.B. Ladebordwand, -kran) sicher bedienen zu können,
sind besondere Unterweisungen bzw. zum Teil separate Ausbildungen
erforderlich.
Investitionsgut Feuerwehrfahrzeug
Nicht selten handelt es
sich bei der Anschaffung von neuen Feuerwehrfahrzeugen um
Investitionssummen von mehreren hunderttausend Euro. Nicht nur aus
Gründen der Unfallverhütung, sondern auch aus den Aspekten
Sicherstellung der Einsatzbereitschaft und der Werterhaltung müssen für
Feuerwehrfahrzeuge entsprechende Stellplätze in geeigneten Gebäuden
vorhanden sein. Von den Stellplätzen selbst dürfen keine Unfallgefahren
ausgehen, d.h. sie müssen von der Größe und der Beschaffenheit her den
Anforderungen der DIN-Norm für Feuerwehrhäuser (DIN 14092-1)
entsprechen. Dies gilt es, vor allem bei Um- und Neubauten, von
vornherein zu planen und zu realisieren. Um die Feuerwehrangehörigen in
den Feuerwehrhäusern keiner schädlichen und krebserzeugenden
Dieselmotoremissionen auszusetzen, müssen an den Stellplätzen Anlagen
vorhanden sein, die die Abgase an der Quelle absaugen. Viele wichtige
Hinweise liefert hier die DGUV Information 205-008 „Sicherheit im Feuerwehrhaus“.
Die Feuerwehr-Unfallkassen
unterstützen die Präventionsarbeit
Die Feuerwehr-Unfallkassen bieten
eine Menge an Maßnahmen,um das sichere Betreiben von Feuerwehrfahrzeugen
zu unterstützen. Die Präventionsaktivitäten reichen von Materialien
für Sicherheitsübungen bis zu organisierten Fahrsicherheitstrainings
auf Übungsplätzen oder in Simulatoren. Die verschiedenen Angebote haben
wir ebenfalls in dem roten Kasten am Ende dieses Artikels
zusammengetragen.
Fazit: Vielfalt und Herausforderung
Zusammenfassend kann
man sagen, dass beim Thema „Feuerwehr und ihre Fahrzeuge“ viele
unterschiedliche Facetten und Aspekte aufeinandertreffen: Jüngere und
ältere Fahrzeuge verschiedenen Typs und mit unterschiedlichen
Ausstattungen, robuste ältere Technik und komplexes Hightech, erfahrene
und eher wenig erfahrene Bedienerinnen und Bediener, dazu Stress und
Eile sowie teils widrige Umstände bei der Anwendung im Einsatz. Es ist
eine Herausforderung, die Sicherheit dabei im Blick zu behalten. Aber
eben das macht die Feuerwehr doch auch aus: Unter allen Umständen
stehen Sicherheit und Professionalität an erster Stelle. Zum Wohle der
Helfenden und derer, denen geholfen werden soll.
Auf den Webseiten der Feuerwehr-Unfallkassen HFUK Nord, FUK Mitte und FUK Brandenburg
Weitere Schriften
Praktische Trainings und Übungen
Für weitere
Informationen zu den einzelnen Punkten kontaktieren Sie bitte die HFUK Nord.
Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)
Kontakt und Ansprechpersonen
Email: info@hfuk-nord.de
Zentrale Postadresse: Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord
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