Extremes Wetter: Feuerwehren zunehmend bis an die Grenzen gefordert

02.03.2022

Extreme Wetter- und Naturereignisse haben die Feuerwehren schon immer vor große Herausforderungen gestellt. Ableitungen für die Prävention sind uns in diesem Zusammenhang besonders wichtig, um die Feuerwehren zu beraten und zu unterstützen. Wir haben im Folgenden viele Informationen und Checklisten zur Vorbereitung für die Feuerwehren zusammengestellt, bevor sie nach der nächsten extremen Wetterlage gerufen werden.

Bild: LFV Schleswig-Holsteinzoom
Bild: LFV Schleswig-Holstein

Extreme Wetter- und Naturereignisse haben die Feuerwehren schon immer vor große Herausforderungen gestellt. In der Zukunft ist zu erwarten, dass solche Extremereignisse, wie z.B. Hochwasser, starke Stürme oder große Schneemengen, immer häufiger auftreten und die Feuerwehren noch stärker fordern werden. Ableitungen für die Prävention sind uns in diesem Zusammenhang besonders wichtig, um die Feuerwehren zu beraten und zu unterstützen. Wir haben im Folgenden viele Informationen und Checklisten zur Vorbereitung für die Feuerwehren zusammengestellt, bevor sie nach der nächsten extremen Wetterlage gerufen werden.

Das Risiko extremer Wetterlagen besteht über das gesamte Jahr. Denkbare Szenarien sind:

  • Extreme Niederschläge:
    • Starkregen (Menge, Dauer)
    • Große Hagelkörner
    • Extremer Schneefall (Menge, Dauer)
    • Gefrierender Regen, Eisregen
  • Überflutungen / Hochwasser an Flüssen, Meer, Binnenseen, Talsperren – diese treten auch in Gebieten auf, in denen vorher keine Niederschläge stattgefunden haben
  • Extreme Gewitter (Häufigkeit, Dauer, Intensität):
    • Hitzeperioden (Dauer, Intensität):
    • Brandgefahren durch Dürre
  • Wassermangel
  • Stürme (Dauer und Intensität) wie Orkane, Tornados, einzelne schwere Böen.

Die Folgen sind Zerstörungen unterschiedlichen Ausmaßes: Niederschlag, Fluten, Feuer, Blitzschlag und Stürme verletzen und töten Menschen und Tiere, beschädigen bzw. zerstören Gebäude und Infrastruktur (auch kritische!), führen zu Ausfällen der Energieversorgung. Durch solche extremen Wetterlagen werden die Feuerwehren zunehmend bis an die Grenzen gefordert.

Koordiniert in den Einsatz

Bild: LFV Schleswig-Holsteinzoom
Bild: LFV Schleswig-Holstein

Wegen der besonderen Umstände sollten Feuerwehrkräfte keinesfalls auf eigene Faust in ein Katastrophengebiet fahren, sondern offizielle Hilfeersuchen abwarten. Auch wenn es den Feuerwehren schwerfällt und alle gerne helfen möchten, muss es koordiniert vonstattengehen. Zudem muss eine offizielle Entsendung stattfinden, damit der Versicherungsschutz als Feuerwehreinsatzkraft gewährleistet ist. Vorab muss ermittelt werden, welche Gerätschaften im Katastrophengebiet besonders benötigt werden und auf welche Kräfte und Mittel im eigenen Zuständigkeitsgebiet über einen längeren Zeitraum verzichtet werden kann.

Wer darf mit?
Nicht jedes Feuerwehrmitglied ist für alle Tätigkeiten in der Feuerwehr geeignet. Diese Tatsache trifft im Katastropheneinsatz im Besonderen zu. Eine wichtige Rolle spielen Gesundheit, Fitnesszustand, Ausbildungsstand, Erfahrung und letztendlich besondere Fähigkeiten und Kenntnisse. Es muss gewissenhaft ausgewählt werden. Katastropheneinsätze können Menschen körperlich und mental alles abverlangen. Entscheidend ist natürlich auch, wer über längere Zeit abkömmlich ist.

Entsprechender Klärungsbedarf besteht für die Feuerwehrangehörigen bei ihren Arbeitgebern sowie im familiären Bereich. Zum Beispiel darf bei der Auswahl nicht auf Mitglieder der Alters- und Ehrenabteilung zurückgegriffen werden. Es gelten die Altersgrenzen der Brandschutzgesetze der Länder. Aufgrund der teilweise hohen psychischen Belastungen und belastenden Eindrücke, sollten zudem keine zu jungen bzw. unerfahrenen Einsatzkräfte mitgenommen werden.

In verseuchtem Wasser lauern nicht nur Gefahrstoffe. Biologische Gefahren durch Keime, die schwerwiegende Erkrankungen hervorrufen können, müssen sehr ernst genommen werden. Bei Kontakt kann es z.B. zu Reizungen der Haut, Schleimhäute und Atemwege kommen oder gar zu Entzündungen oder Vergiftungen führen. Die Einsatzkräfte müssen daher Kenntnis über diese Gefahren haben und die richtige PSA (Unterweisung!) tragen.

Schutzimpfungen überprüfen!
Das Thema Impfen ist aktuell in aller Munde. Bei Feuerwehrangehörigen, vor allem denen, die bei bestimmten Einsatzszenarien wie z.B. in Krisengebieten nach extremen Wetterereignissen eingesetzt werden, muss vor dem Einsatz der Impfschutz überprüft werden.

Ein zusätzliches Dokument, in dem die einzelnen Schutzimpfungen und die Erkrankungen, vor denen sie schützen, detailliert erläutert werden, finden Sie zum Herunterladen auf unserer Homepage sowie unter www.hfuk-nord.de, Webcode: IMEP.

PSA: Was wird benötigt?
Geht es in den Katastropheneinsatz, wird selbstverständlich persönliche Schutzausrüstung benötigt. Je nach Einsatzauftrag und möglicher Gefährdungen werden zusätzliche Ausrüstungsteile benötigt. In Überflutungsgebieten treten beispielsweise Gefahrstoffe und Fäkalien auf. Dann sind beispielsweise Wathosen, Gummistiefel und Einmalanzüge erforderlich.

Auch die Reinigungsmöglichkeiten der Einsatzkleidung müssen bedacht werden. (Bild: LFV Schleswig-Holstein)zoom
Auch die Reinigungsmöglichkeiten der Einsatzkleidung müssen bedacht werden. (Bild: LFV Schleswig-Holstein)

Die Erfahrungen vergangener länger andauernder Einsätze haben gezeigt, dass die Einsatzkräfte häufig PSA nicht in ausreichender Anzahl zur Verfügung hatten. In einer gemeindlichen Feuerwehr hat eine Einsatzkraft in der Regel einen Satz Schutzkleidung. Wichtig ist daher, vorher je nach Einsatzauftrag und -dauer abzuschätzen, für wie viele Kräfte Wechselgarnituren vollständiger PSA vorhanden sein müssen. Dies ist vor allem dort geboten, wo PSA im Prinzip täglich gewaschen / dekontaminiert werden muss. In diese Planung mit einzubeziehen sind auch Stiefel und Handschuhe. Zudem müssen entsprechende Möglichkeiten, PSA im Bedarfsfall fachgerecht reinigen zu können, ebenfalls berücksichtigt und eingeplant werden. Bei der Planung der Ersatz-PSA müssen Trocknungszeiten eingerechnet werden.

Neben der PSA sind weitere Schutzutensilien für die Mannschaft zu berücksichtigen: In Überflutungsgebieten siedeln sich gerade in den Sommermonaten in Windeseile Stechmücken an. Insektenschutz in Form von Abwehrmitteln, Moskitonetzen und Medikamenten zur einfachen Behandlung von Insektenstichen muss mit in den Einsatz genommen werden. Da in der Regel viel im Freien gearbeitet wird, muss zudem an den Sonnenschutz (Sonnenschutzcreme, Kopfbedeckung und Sonnenbrille) gedacht werden.

Verpflegung und Hygiene
Gesundheitsschutz bedeutet auch die Möglichkeiten der Körperhygiene. Wer den ganzen Tag unter schwierigen Bedingungen arbeitet, dabei schwitzt und verschmutzt, der muss die Möglichkeit haben, sich ausreichend zu waschen. Mobile Lösungen, wie etwa Duschzelte, kommen in Katastrophengebieten zum Einsatz, wenn die lokale Infrastruktur, z.B. Schulen und Turnhallen, nicht zur Verfügung stehen.

Essensausgabe unter relativ hygienischen Umständen an der Einsatzstelle (Bild: Maik Vukan / ArGe Feuerwehr-Unfallkassen)zoom
Essensausgabe unter relativ hygienischen Umständen an der Einsatzstelle (Bild: Maik Vukan / ArGe Feuerwehr-Unfallkassen)

Wo unermüdlich gearbeitet wird, entstehen Durst und Hunger. Eine entsprechende Versorgung der Einsatzkräfte muss gewährleistet werden. Durch stark physisch beanspruchende Arbeiten muss die Kalorienzufuhr entsprechend erfolgen.

Hierbei darf auch im Katastropheneinsatz die Einsatzhygiene nicht vergessen werden. Bei der Erkundung des Gebietes und der Bereitstellungsräume müssen diese Kapazitäten eingeplant werden und erfordern eine entsprechende logistische Planung. Neben den Nachschub- und Zubereitungsmöglichkeiten für Getränke und Nahrung müssen Verpflegungsplätze mit einem Mindestmaß an Hygiene gewährleistet sein. Wie in einer guten Küche sind Ordnung und Sauberkeit ein wichtiger Baustein der Hygiene und dürfen auch an einer Einsatzstelle nicht fehlen. In der praktischen Umsetzung bedeutet dies, dass eine räumliche Trennung von Einsatzstelle und Verpflegungsstelle sowie eine Trennung von Essensausgabe und Essbereich gegeben sein müssen. Für die Einsatzkräfte sollten witterungsgeschützte Sitzmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Vor allem im Winter und bei Regen sollten warme und geschützte Räume gesucht werden.

Hierbei ist gegebenenfalls auch auf die Windrichtung zu achten. Ist eine Verpflegung vor Ort direkt nicht möglich, müssen z.B. Verpflegungspakete eingeplant werden. Ausführliche Informationen zum Thema Anforderungen an und Hygiene bei der Einsatzverpflegung sind erhältlich im Stichpunkt Sicherheit „Hygiene bei der Einsatzstellenversorgung“.

Pausen, Ruhe, Schlaf und Gelegenheit für Gespräche

Erschöpfte Einsatzkräfte übernachten aufgrund hoher Außentemperaturen im Freien. (Bild: LFV Schleswig-Holstein)zoom
Erschöpfte Einsatzkräfte übernachten aufgrund hoher Außentemperaturen im Freien. (Bild: LFV Schleswig-Holstein)

Wo unermüdlich gearbeitet wird, müssen Pausen eingelegt und dem Körper Schlaf gegönnt werden. Das beginnt schon auf der Anfahrt (siehe auch unsere Meldung vom 22.02.2022: Marsch geschlossener Verbände: Leitfaden für die Aus- und Fortbildung veröffentlicht). Katastrophenschutzeinsätze sind in der Regel mit langen sogenannten MOT-Märschen verbunden. Hier müssen ausreichend Fahrzeuglenkende zur Verfügung stehen, um Wechsel zu ermöglichen. Die eingesetzten Kräfte benötigen darüber hinaus sichere und trockene Schlafplätze, die die Möglichkeit der Regeneration und Wiederherstellung der Einsatz- und Leistungsbereitschaft bieten.

Gedacht werden muss ebenfalls an Plätze, die für Gespräche und Austausch untereinander eine ruhige Gelegenheit bieten. Der psychosozialen Betreuung der Einsatzkräfte kommt eine besondere Rolle zu. Auch diese Betreuungsmöglichkeit muss von vornherein mitgeplant werden. Katastrophen riesigen Ausmaßes, wie in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, bringen für die Feuerwehrangehörigen auch eine enorme psychische Belastung mit sich.

Krisenvorsorge für verschiedene Szenarien beachten
In der Bundesrepublik Deutschland kommt es immer wieder zu wetterbedingten Extremereignissen. Statistisch gesehen ereignet sich alle 10 Jahre an den großen deutschen Flüssen eine Flut, die schnell als Jahrhundertflut bezeichnet wird. Die statistischen Auswertungen zeigen darüber hinaus, dass die Abstände dieser Extremereignisse immer kürzer werden. Auch wenn das Ahrhochwasser 2021 noch am präsentesten im Kopf sein sollte, so dürfen die anderen Ereignisse wie zum Beispiel die Schneekatastrophe in Bayern 2018, regelmäßige Stürme und Tornados oder die extreme Dürre im Sommer 2018 nicht vergessen werden. Auch der Eintritt eines länger andauernden Stromausfalles z.B. als Folge extremer Wetterereignisse wird von Experten als sehr wahrscheinlich angesehen.

Wie gut man aus einer Krise kommt, hängt stark davon ab, wie man auf die Krise vorbereitet ist. Der Staat, die Länder und die Kommunen stehen somit vor wichtigen Entscheidungen für die Zukunft.

Ein Unwetter zieht auf. (Bild: Dirk Rixen / HFUK Nord)zoom
Ein Unwetter zieht auf. (Bild: Dirk Rixen / HFUK Nord)

Nicht immer sind ganze Landstriche betroffen. Einige Ereignisse, wie zum Beispiel ein Tornado in Bützow (Mecklenburg-Vorpommern) 2015, betrafen sehr lokal begrenzt nur einen Ort, dafür jedoch umso heftiger. Häufig sind die örtlichen Einsatzkräfte dann selbst betroffen und müssen sich, ihren Familien und ihren Gebäuden zunächst selbst helfen. Für Einsätze stehen sie dann nur begrenzt zur Verfügung.

Auf kommunaler Ebene müssen sich die Gemeinden daher Gedanken über die örtliche Gefahrenabwehr machen. Dabei muss ermittelt werden, welche Szenarien eintreten könnten und inwieweit die eigene Feuerwehr betroffen sein könnte. Bei der letzten Elbeflut und auch im Ahrtal sind Feuerwehrhäuser und Fahrzeuge beschädigt oder vernichtet worden. Bei Neubauten muss der Standort genau gewählt werden. Die DIN 14092 Teil 1 Feuerwehrhäuser – Planungsgrundlagen erläutert nicht ohne Grund, dass Feuerwehrhäuser Bestandteil kritischer Infrastrukturen sind, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit eintreten würden, und sie deshalb eines inneren und äußeren Schutzes bedürfen. Die Beibehaltung der Funktionsfähigkeit muss auch bei extremen Umweltbedingungen wie Hochwasser, Sturm, Erdbeben, extremen Schnee- und Regenfällen gewährleistet sein.

Dazu zählt auch, dass die Gebäude beim Ausfall der öffentlichen Stromversorgung über Stunden oder gar Tage funktionieren.

Zur besseren Vorbereitung von Katasprophenensätzen haben wir hier eine Checkliste verlinkt, die ganz allgemein die Planung überörtlicher und langandauernde Einsätze unterstützen soll.

PSA dem Krisenfall anpassen
Bei Einsätzen im Winter muss dickere oder zusätzliche Kleidung zur Verfügung gestellt werden, während bei Einsätzen bei hohen Tagestemperaturen leichtere Schutzkleidung erforderlich ist.

Einsatz der Motorsäge nur mit geeigneter PSA (Bild: Dirk Rixen / HFUK Nord)zoom
Einsatz der Motorsäge nur mit geeigneter PSA (Bild: Dirk Rixen / HFUK Nord)

Grundsätzlich ist das Schneeräumen von Dächern keine originäre Aufgabe der Feuerwehr. Ist es dennoch erforderlich, Dächer von Schneelasten durch die Feuerwehren zu beseitigen, ist zunächst die Dachlast zu beachten. Ist ein Begehen der Dächer trotz der hohen Schneelast aus statischen Gründen noch möglich, muss eine Absturzsicherung getragen werden. Soll z.B. der Korb einer Drehleiter als Anschlagpunkt genutzt werden, muss am bzw. im Korb ein geeigneter Anschlagpunkt verbaut sein und die maximalen Belastungsgrenzen dürfen nicht außer Acht gelassen werden.

Bei Arbeiten mit der Motorsäge muss die PSA für Sägeeinsätze genutzt werden. Die Schnittschutzkleidung darf hierbei nicht vergessen werden. Gerade bei Sturmeinsätzen fliegen viele kleine Teile herum, die die Augen verletzen können. Das Gittervisier muss daher immer heruntergeklappt sein. Gegen den schädigenden Lärm ist Gehörschutz zu verwenden. Helle Schnittschutzkleidung bietet durch bessere Sichtbarkeit zusätzliche Sicherheit.

Besteht die Gefahr des Ertrinkens, müssen Maßnahmen gegen das Ertrinken getroffen werden. Üblicherweise werden Auftriebsmittel getragen. Diese müssen hinsichtlich ihrer Auftriebskraft angepasst sein (275 N) und kompatibel mit der restlichen PSA wie zum Beispiel dem Feuerwehrhelm sein.

Wird im Hochwassereinsatz eine Wathose getragen, so darf diese nicht in fließenden Gewässern genutzt werden. Hier besteht Lebensgefahr.

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eitere VerlinkungenFolgende Materialien stehen zum Herunterladen und Ausdrucken auf den Seiten der Feuerwehr-Unfallkassen, der DGUV und des DFV zur Verfügung

Auswahl an Informationsquellen für Feuerwehren

Stichpunkte Sicherheit („StiSi“) der Feuerwehr-Unfallkassen
Materialien zur Unfallverhütung bei extremen Wetterlagen findet man auf den Internetseiten der Feuerwehr-Unfallkassen. Die HFUK Nord hat auf Sonderseiten ihres Internetauftrittes Themensammlungen angelegt, die jahreszeitenabhängig geschaltet werden.

Bereich „Feuerwehrhaus“:

Bereich „PSA“:

Bereich „Aus- und Fortbildung“:

Bereich „Fitness und Gesundheit“:

Weiterführende Informationen:

Materialien der DGUV:

Materialien des Deutschen Feuerwehrverbandes:

Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)

Kontakt und Ansprechpersonen
Email: info@hfuk-nord.de

Zentrale Postadresse: Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord
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