Einsatznachbereitung mit Struktur: Nach dem Alarm ist vor dem Alarm

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Bild: Martin Schulze / FF Döbbelin

„Feuer aus, Person gerettet, die Maßnahmen der Feuerwehr sind beendet, Einsatzstelle ist übergeben!“
Mit solch einer Abschlussmeldung per Funk an die Leitstelle wird der Einsatz abgeschlossen. Zu Ende ist er allerdings noch lange nicht. Eine gewissenhafte Einsatznachbereitung ist erforderlich, um den Erfolg beim nächsten Einsatz zu sichern und dient vor allem der Unfallverhütung! Wir gehen auf die wichtigsten Elemente der Einsatznachbereitung ein und präsentieren ein neues von uns entwickeltes Hilfsmittel für Führungskräfte, die „Taschenkarte zur Einsatznachbereitung“.

Zu Beginn möchten wir ein krasses Negativbeispiel schildern, das in der Datenbank für die Meldung von Beinahe-Unfällen im Feuerwehrdienst „FUK-CIRS“ (www.fuk-cirs.de) aufgenommen wurde: Das Löschgruppenfahrzeug einer Freiwilligen Feuerwehr rückte zu einem Brand aus. Vor Ort wollten zwei Trupps unter Pressluftatmer zur Brandbekämpfung vorgehen. Sie kamen jedoch nicht weit. Bei der Druckkontrolle fiel auf, dass die Flaschen der Atemschutzgeräte weniger als halbvoll waren. Offenbar war nach einem Einsatz zuvor schlichtweg vergessen worden, das Fahrzeug mit Pressluftatmern mit vollen Flaschen auszustatten. Diese Nachlässigkeit hätte schlimme, ja sogar lebensbedrohliche Folgen haben können.

Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft
Einen Einsatzauftrag abgearbeitet zu haben, bedeutet nicht, dass auch alle Arbeiten beendet sind. Getreu dem Motto „Nach dem Einsatz ist vor dem Einsatz“ ist eine gründliche Nachbereitung gleichzeitig als gute Vorbereitung auf folgende Einsätze wichtig. Wenn Feuerwehrangehörige von einem Einsatz zurück zum Feuerwehrhaus kommen, erwarten sie einige Aufgaben. Die technische Nachbereitung dient der Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft der Geräte, Fahrzeuge und Ausrüstung. Sie umfasst im Wesentlichen die folgenden Prüfpunkte:

  • Aggregate aufgetankt, Funktionsfähigkeit geprüft und gegebenenfalls gereinigt?
  • Atemschutzgeräte (inkl. aller Komponenten) gereinigt und geprüft?
  • ordnungsgemäße Beladung hergestellt? (Vollständigkeit, Ladungssicherung)
  • Verbrauchsmittel aufgefüllt? (Löschmittel, Ölbindemittel, Reserve-Treibstoffe)
  • verwendete Ausrüstungsgegenstände gereinigt und geprüft?
  • schadhafte/verunreinigte Ausrüstungsgegenstände der Instandsetzung zugeführt? (z.B. Schlauchtausch)
  • Fahrzeuge technisch überprüft? (Checkliste/Prüfkarte: siehe Liste am Ende des Artikels)
  • Hygienekonzept bzw. -maßnahmen angewendet?
  • PSA überprüft und gereinigt, gegebenenfalls ausgetauscht?
  • Fahrzeuge von innen und außen gereinigt? (Kontaminationen entfernt?)

Je nach Einsatzart und -umfang können weniger oder weitere Maßnahmen erforderlich sein, um die Einsatzbereitschaft vollumfänglich wiederherzustellen.

Nachbesprechung: In Ruhe über den Einsatz reden. (Bild: Martin Schulze)zoom
Nachbesprechung: In Ruhe über den Einsatz reden. (Bild: Martin Schulze)

Hat im Einsatz alles geklappt?
Wichtig ist auch die organisatorische Nachbereitung des Einsatzes. Dazu gehören z.B. die Auswertung des Einsatzverlaufs und der Taktik. Im Rahmen einer offenen Fehlerkultur muss betrachtet werden, was gut lief und was angepasst werden muss, um bei künftigen Einsätzen noch besser und sicherer tätig zu werden („Manöverkritik“).

Organisatorische Maßnahmen sollen die technischen Maßnahmen ergänzen, z.B. durch die Anschaffung zusätzlicher Geräte oder Materialien und Anpassung von Verfahrensweisen, zusätzlicher Ausbildung, Schaffen von Einsatzregeln usw.

Die Fragestellungen der organisatorischen Nachbereitung sollten mit allen beteiligten Einsatzkräften besprochen, andere Fragestellungen mit den beteiligten Einsatzkräften der Führungsebene ausgewertet werden:

  • Wie gestaltete sich die Ausrückezeit und Anfahrt zur Einsatzstelle und wie wurden die Fahrzeuge aufgestellt?
  • Gab es eine ausreichende Absperrung, gab es Probleme mit Schaulustigen oder Störern?
  • War die Löschmittelversorgung ausreichend?
  • Hat das Funksystem funktioniert (technisch und organisatorisch)?
  • Fand eine Versorgung der Einsatzkräfte statt (Getränke, Mahlzeiten) und war diese ausreichend?
  • Gab es im Einsatz belastende Ereignisse und erfolgte eine Anforderung von Fachleuten (z.B. PSNV-B oder -E)?
  • Waren ausreichend Kräfte und Mittel vor Ort?
  • Erfolgte eine Nachalarmierung und funktionierte die Zusammenarbeit mit anderen Einheiten?

Führungsebene:

  • Hat eine angemessene Erkundung der Lage stattgefunden?
  • Hat die Einsatztaktik funktioniert, gab es angemessene Reaktionen auf Lageänderungen?
  • War die Führungsstruktur angemessen bzw. fand eine Abschnittsbildung statt?
  • War die Befehlsgabe präzise und wurden die Befehle ausgeführt?

Je nach Einsatzart und -umfang können weniger oder zusätzliche Punkte bearbeitet werden.

Ist die Mannschaft okay?

Hat sich jemand bei dem Einsatz verletzt? (Bild: Jürgen Kalweit / HFUK Nord)
Hat sich jemand bei dem Einsatz verletzt? (Bild: Jürgen Kalweit / HFUK Nord)

Die dritte Stufe der Einsatznachbereitung ist die personelle Nachbereitung. Personenbezogene Maßnahmen ergänzen und vervollständigen die technische und organisatorische Nachbereitung. Dazu zählen z.B. die Dokumentation des Einsatzes und von Unfällen bzw. Beinahe-Unfällen, aber auch Körperhygiene und weiterführende Maßnahmen wie die Nachsorge bei belastenden Ereignissen.

Folgende Punkte sollten zur personellen Nachbereitung abgearbeitet werden:

  • Einsatzbericht fertigen; Personal und Tätigkeiten dokumentieren.
  • Prüfen, ob es zu Expositionen gegenüber Gefahrstoffen gekommen ist, die einen Eintrag in einem Expositionsverzeichnis erforderlich machen (z.B. Expositionsdatenbank ZED der DGUV)
  • Unfälle / Verletzungen dokumentieren; gegebenenfalls: – im Verbandbuch bzw. – Unfallanzeige fertigen bzw. – bei Massenunfällen oder tödlichen Unfällen sofort die Feuerwehr-Unfallkasse benachrichtigen.
  • Beinahe-Unfälle / besondere Vorkommnisse dokumentieren; hier empfehlen wir die Datenbank „FUK-CIRS“ für die anonyme Erfassung von Beinahe-Unfällen im Feuerwehrdienst zu nutzen (www.fuk-cirs.de).
  • Maßnahmen der Körperhygiene ermöglichen – Duschen im Feuerwehrhaus müssen nutzbar sein!
  • Bei belastenden Ereignissen weitere Maßnahmen einleiten (PSNV-E) anbieten / anfordern: – Gegebenenfalls Person einzeln ansprechen. – Gegebenenfalls ein bzw. mehrere Tage später erneut Hilfe anbieten.

Je nach Einsatzart und -umfang können weniger oder zusätzliche Punkte bearbeitet werden.

Darüber reden: Grundlagenfür eine gelungene Einsatznachbesprechung Umfangreiche Einsätze oder belastende Ereignisse können eine ausführliche Nachbesprechung erforderlich machen. Für eine gelungene Nachbesprechung möchten wir an dieser Stelle noch einige Hinweise zur Vorbereitung und Durchführung geben:

  • Alle am Einsatz beteiligten Einsatzkräfte der eigenen Wehr sollten sich versammeln, Unbeteiligte sollten gegebenenfalls ausgeschlossen werden, gerade wenn belastende Ereignisse besprochen werden.
  • Es sollte eine geeignete Räumlichkeit zur Verfügung stehen und genutzt werden (z.B. Schulungsraum), in dem sich eine „angenehme“ Gesprächsatmosphäre herstellen lässt.
  • Gegebenenfalls sollte für länger andauernde ausführliche Nachbesprechungen Verpflegung zur Verfügung stehen.
  • Eine Einleitung des Gesprächs sollte durch eine Führungskraft erfolgen, die die eigene Sichtweise zum Einsatzverlauf schildert und dadurch das Gespräch eröffnet.
  • Jeder muss seine Sichtweise und Meinung äußern dürfen, jeder muss die Chance erhalten auszureden, ohne unterbrochen zu werden.
  • Mit Kritik sollte konstruktiv umgegangen werden – nicht jede Aussage muss kommentiert oder erwidert werden.

Taschenkarte: Damit auch nichts vergessen wird

Die Taschenkarte dient den Führungskräften als Gedankenstütze. (Bild: Christian Heinz / HFUK Nord)zoom
Die Taschenkarte dient den Führungskräften als Gedankenstütze. (Bild: Christian Heinz / HFUK Nord)

Der Clou ist: Die wichtigsten Elemente der Einsatznachbereitung haben wir kompakt in einem neu entwickelten Hilfsmittel für Führungskräfte, der „Taschenkarte zur Einsatznachbereitung“ verpackt. Diese Taschenkarte der Feuerwehr-Unfallkassen HFUK Nord, FUK Mitte und FUK Brandenburg dient Einheitsführenden als Gedankenstütze für die Einsatznachbereitung. Sie benennt wie eine Art Checkliste wesentliche Punkte, an die nach einem Einsatz gedacht werden muss. Sie besteht aus reißfestem und strapazierfähigem Papier und passt im Format DIN A6 in die Tasche der Dienst- bzw. Einsatzkleidung. Damit ist sie bei Bedarf schnell zur Hand.

Die Taschenkarte ist mit dem Sicherheitsbrief Nr. 48 im November 2020 im Geschäftsgebiet der HFUK Nord verschickt worden, weitere Exemplare sind – natürlich kostenlos – bei Ihrer zuständigen Geschäftsstelle der HFUK Nord erhältlich.

Fazit: Aus Erfahrung immer besser werden
Eine gut organisierte Einsatznachbereitung ist ein wichtiges Mittel zur Qualitätssicherung der Arbeit der Feuerwehr! Einsatzanalysen helfen, aus Erfahrungen zu lernen und Potenziale für Verbesserung aufzudecken. Z.B. können aus Beinahe-Unfällen Handlungsanweisungen entwickelt werden, um ähnliche Situationen mit schwerwiegenden Folgen künftig zu vermeiden. Als Ergebnis der Nachbereitung muss beispielsweise auch geprüft werden, ob die Gefährdungsbeurteilung in Teilen angepasst oder ergänzt werden muss. Eine gute Einsatznachbereitung hilft nicht nur, den nächsten Einsatz vorzubereiten, sondern sichert auch langfristig die Einsatzfähigkeit der Wehr, etwa, wenn belastende Einsätze aufgearbeitet werden und so psychischen Belastungen vorgebeugt wird.

Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)

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