01.08.2023
Ob in der Jugendfeuerwehr oder bei der Einsatzabteilung, Wettkämpfe und Spiele gehören zu festen Bestandteilen des Jahresplans. Jedoch steht nicht alles unter dem Versicherungsschutz der Feuerwehr-Unfallkassen. Zudem muss man sich die Frage stellen, ist immer alles grenzenlos?
Ob in der Jugendfeuerwehr oder bei der Einsatzabteilung, Wettkämpfe und Spiele gehören zu festen Bestandteilen des Jahresplans. Egal, ob bei Fahrzeugübergaben, Dorfjubiläen, im Bereich FitForFire oder als Wettkampf, um Handgriffe zu lernen und sich im kameradschaftlichen Sinne mit den Nachbarwehren zu messen, die Spanne der Aktivitäten ist breit gefächert. Von Orientierungsmärschen oder Veranstaltungen, bei denen feuerwehrtechnisches Wissen und Fertigkeiten abverlangt werden, über feuerwehrtechnische Wettkämpfe nach FwDV 3, 105 Meter Schlauchlegen bis hin zu „Spielen ohne Grenzen“. Der Ideenreichtum der Feuerwehren scheint bei der Entwicklung immer neuer Spiel- und Wettkampfideen auch keine Grenzen zu kennen. Jedoch steht nicht alles unter dem Versicherungsschutz der Feuerwehr-Unfallkassen. Zudem muss man sich die Frage stellen, ist immer alles grenzenlos?
Die Unfallzahlen bei gefahrgeneigten Spielen und Wettkämpfen sprechen eine eindeutige Sprache, es muss Grenzen geben. Wenn Personen, die das ganze Jahr wenig oder keinen Sport treiben, plötzlich aus dem Stand Höchstleistungen vollbringen sollen, Wettkampfplätze eher einem Acker gleichen und bei der Auswahl der Spiele der Bezug zur Feuerwehr völlig verloren geht, sind Unfälle vorprogrammiert. In diesem Artikel werden die Gefahren bei Wettkämpfen und Spielen daher näher betrachtet.
Bei grober Betrachtung kann man die Wettkämpfe und Spiele in drei Bereiche unterteilen.
Für alle Spiele und Wettkämpfe, egal ob Feuerwehrhintergrund oder nicht, gilt gleichermaßen, dass sie entsprechend der geltenden Unfallverhütungsvorschriften sicher sein müssen. So fordert § 15 DGUV Vorschrift 49 Unfallverhütungsvorschrift „Feuerwehren“ unter der Überschrift „Verhalten im Feuerwehrdienst“, dass im Feuerwehrdienst nur Maßnahmen getroffen werden dürfen, die ein sicheres Tätigwerden der Feuerwehrangehörigen ermöglichen. Aber was bedeutet das und wie kann man das gewährleisten?
Unfallschwerpunkte
Wie im gesamten Feuerwehrdienst stehen die sogenannten Stolper-, Rutsch- und Sturzunfälle an erster Stelle der Unfallhäufigkeit. Bedingt durch unebene Wettkampfflächen, zu hohe Hindernisse oder untrainierte Wettkampfteilnehmende kommt es z.B. zu Stürzen. Neben den Primärverletzungen des Muskel-, Skelett- und Bandapparats, der Füße, Knie und Beine kommt es häufig zu Sekundärverletzungen durch den Sturz. Das Ergebnis sind Schürfwunden und Prellungen, aber auch Brüche von Handgelenken und Armen sowie Verletzungen an Schultern und Gesicht.
Beispiele:
„Bei einem Wettkampf mussten die Teilnehmer eine über 2 Meter hohe Wand überwinden. In der Folge sprang eine aktive Einsatzkraft herunter, kam falsch auf und brach sich das Sprunggelenk. Ein Mädchen aus der Jugendfeuerwehr brach sich den Arm, da sie unkontrolliert vom gleichen Hindernis herunterfiel.“
„Beim Wettkampf „Klotstockspringen“ müssen die Teilnehmer mittels Holzstange einen mit Wasser gefüllten Graben überwinden. Im vorliegenden Fall war das Ziel, nach Zeit mehrfach hin und her zu springen, Buchstaben von einer zur anderen Seite zu transportieren und ein Wort zu bilden. Highlight für die Zuschauer war hier, wenn jemand es nicht schaffte und ins Wasser fiel. Leider kam der Unfallverletzte, ein selbstständiger Elektromeister, so unglücklich auf der anderen Seite auf, dass er sich beide Fersenbeine brach und lange ausfiel. Seine Verletzung und auch der Verdienstausfall wurden zwar durch die Feuerwehr-Unfallkasse übernommen, seine Kunden verlor er dennoch reihenweise, da er sie nicht bedienen konnte.“
Weitere beispielhafte Verletzungen sind Augenverletzungen durch
Wasserstrahl ins Gesicht, Dehydrierung bei hohen Temperaturen und
gleichzeitiger körperlicher Anstrengung, Kreislaufzusammenbrüche wegen
Überanstrengung sowie Handverletzungen durch Klemmen, Schneiden oder Scheuern. Hier kann festgestellt werden, dass häufig keine Handschuhe getragen wurden. Die Aufzählung ist nicht abschließend.
Um Unfälle zu verhindern, muss man somit den Wettkampf oder das Spiel genau betrachten. In einem systematischen Vorgehen zerlegt man den Wettkampf oder das Spiel in Einzeltätigkeiten und betrachtet diese hinsichtlich ihrer Gefährdungs- und Belastungsfaktoren. Das können sein:
Dies stellt keine abschließende Liste dar. Mit offenen Augen und gesundem Menschenverstand müssen die Gefahren in den Blick genommen werden.
Die Gefahren können auch durch die Abfolge mehrerer Wettkampfguppen nacheinander bei der Verwendung von Wasser entstehen. Werden Schläuche in den Parcours hinein entwässert, kann ein matschiger und rutschiger Untergrund entstehen. Werden die möglichen Gefahren- und Belastungspunkte identifiziert, so muss man immer die körperliche Leistungsfähigkeit der Teilnehmenden im Blick haben. Gerade bei Spielen und Wettkämpfen, bei denen sich die Teilnehmenden kaum oder gar nicht vorbereiten konnten, sollte eher auf körperlich belastende Bestandteile verzichtet werden.
Ein besonderes Augenmerk muss zudem auf Kinder und Jugendliche gelegt werden. Hier ist die Spanne der körperlichen Leistungsfähigkeit sehr groß. Gegebenenfalls muss es unterschiedliche Schwierigkeitsgrade bei den Spielen oder Wettkämpfen geben. Hierauf wird später im Artikel noch genauer eingegangen.
Umsetzung
Hat man die möglichen Gefahren erkannt, kann man Schutzziele definieren und Maßnahmen umsetzen. Beispiele wären:
Auch diese Liste ist nicht abschließend!
Ausschlussliste
Wie eingangs geschrieben, kennt
der Ideenreichtum der Feuerwehren hinsichtlich immer neuer Spiele und
Wettkämpfe manchmal keine Grenzen. Daher kann es nie eine umfassende und
alles abdeckende Ausschlussliste von Tätigkeiten geben. Es ist somit
auch immer der gesunde Menschenverstand und gewissenhafte Betrachtung
hinsichtlich möglicher Gefahren gefragt.
Dennoch gibt es Tätigkeiten, die häufig zu Unfällen führen und daher unterlassen werden sollten. Eine kleine Auswahl sei hier genannt:
Außenwirkung
Neben dem Üben von feuerwehrtechnischen Fertigkeiten und dem Vergleich mit anderen Wehren haben Wettkämpfe und Spiele auch immer eine Öffentlichkeitswirkung. Im Idealfall zeigt die Feuerwehr ihr Können und ihre Leistungsfähigkeit und begeistert die Bevölkerung im positiven Sinne. Das Publikum bekommt dann vielleicht auch Lust auf die Feuerwehr. Der Grat ist aber schmal und gerade bei Spielen und Wettkämpfen, die keinen feuerwehrtechnischen Hintergrund haben, ist die Gefahr groß, sich auch lächerlich zu machen. Mancherorts kämpft die Feuerwehr eh mit dem Image einer „Feierwehr“. Wenn man sich dann bei belustigenden Wettkämpfen auch noch lächerlich macht, fördert das nicht gerade ein professionelles Image. Kommt es dann auch noch zu publikumswirksamen Unfällen, ist der Schaden nicht nur körperlich, sondern auch medial immens.
Turniere
Eine eigene Gruppe bei den gefahrgeneigten Spielen und Wettkämpfen bilden Sportturniere. Grundsätzlich unterstützen die Feuerwehr-Unfallkassen sportliche Aktivitäten, wenn sie dazu dienen, Kraft, Ausdauer und Koordination zu stärken und die Einsatzkräfte damit leistungsfähiger für den Einsatzdienst zu machen. Da nur Üben auf Dauer langweilig ist, besteht häufig der Wunsch, sich mit anderen Wehren zu messen und auch die Kameradschaft zu anderen Wehren zu verbessern. Schließlich muss man auch im Einsatz zusammenarbeiten.
In der Regel werden hier Ballsportturniere wie Fußball-, Handball- oder Volleyballturniere veranstaltet. Leider zählen genau diese Sportarten zu den verletzungsgeneigten Sportarten. Darüber hinaus gibt es versicherungsrechtliche Grenzen. So stehen nur Turniere unter Versicherungsschutz, wenn sie innerhalb der Organisation, sprich Feuerwehr stattfinden. Nehmen Mannschaften an Turnieren teil, an denen auch Betriebsmannschaften, Sportvereine oder andere betriebsfremde Gruppen teilnehmen, besteht kein betrieblicher Hintergrund mehr und somit auch kein gesetzlicher Versicherungsschutz.
Wettkämpfe im Nachwuchsbereich – Gefahren und Anforderungen
Auch
der Nachwuchs der Feuerwehr, die Kinder- und Jugendfeuerwehren, zeigen
ihr Wissen und Erlerntes gern bei Wettkämpfen und Spielen. Hier ist
neben § 15 „Verhalten im Feuerwehrdienst“ der UVV „Feuerwehren“ auch § 17 „Kinder und Jugendliche in der Feuerwehr“ der UVV „Feuerwehren“ zu
beachten. D.h. der körperliche und geistige Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen sowie der Ausbildungsstand sind zu
berücksichtigen und bei der Gestaltung von Spielen und Wettkämpfen zu
beachten.
Kinder und Jugendliche befinden sich noch in der körperlichen
Entwicklung. Dies betrifft die Muskeln und Sehnen ebenso wie den
Knochenbau. Hinzu kommt, dass sie, sei es aufgrund von kindlicher
Unbekümmertheit, Selbstüberschätzung oder Gruppenzwang, ihre
tatsächliche Leistungsfähigkeit oft falsch einschätzen. Dies kann
Unfälle und durchaus schwere Verletzungen zur Folge haben.
Die
Jugendfeuerwehr ist keine Miniausgabe der Einsatzabteilung. Feuerwehrtechnische Wettkämpfe der Erwachsenen, wie beispielsweise der
Löschangriff, lassen sich nicht ohne Weiteres mit Jugendlichen
durchführen.
Es ist wichtig zu berücksichtigen, dass die Geräte und
Ausrüstungen der Feuerwehr in erster Linie für einen effektiven
Einsatz und daher hinsichtlich ergonomischer Handhabung und ihres Gewichts für die Bedienung durch Erwachsene entwickelt wurden. Es sind
keine Kinderspielzeuge. Einige Ausrüstungsgegenstände und
Gerätschaften entfallen somit für Wettkämpfe in den Jugendfeuerwehren.
Dies betrifft beispielsweise Schlauchtragekörbe, -haspeln und
Schaummittelkanister. Wenn es unabdingbar ist, müssen gewisse Gerätschaften sonst durch Erwachsenen gehandhabt oder bedient werden, wie
bei der Tragkraftspritze.
Für die Kleinsten in der Jugendfeuerwehr,
die Kinder ab 6 Jahren, sind Wettkämpfe mit feuerwehrtechnischem Hintergrund noch nicht geeignet. Hier sollten kindgerechte Spiele im
Vordergrund stehen, die das Thema Feuerwehr beinhalten.
Von der Deutschen Jugendfeuerwehr und auch den Landesjugendfeuerwehren wurden Wettbewerbe entwickelt, die auf die Fähigkeiten und den Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen angepasst sind.
Werden eigene Wettbewerbe kreiert, sind diese vorher unbedingt auf mögliche Gefährdungen und Belastungsfaktoren zu prüfen.
Beispiel aus dem Unfallgeschehen der Jugendfeuerwehr
Um zu zeigen, dass die im Artikel aufgeführten Hinweise und Maßnahmen nicht nur der blanken Theorie entspringen, sondern aus dem Unfallgeschehen resultieren, schildern wir hier einen besonderen Fall aus dem Bereich der Jugendfeuerwehr.
Schwere Handverletzung beim Tauziehen
„Während des JF-Dienstes teilte der Jugendwart die Jugendfeuerwehr in zwei Gruppen ein. Sie sollten gegeneinander Tauziehen. Beide Mannschaften legten sich ins Zeug und zogen. Durch die Eigendynamik beim Ziehen geriet das Seil mit der einen Mannschaft immer dichter an einen in der Nähe befindlichen Laternenpfahl. Während die ersten beiden Jugendlichen dieser Mannschaft dies bemerkten und das Seil losließen, konnte der Jugendliche an 3.Stelle, verbunden mit der nun plötzlich stärkeren Vorwärtsbewegung des Seiles, nicht mehr rechtzeitig reagieren. Dabei stoppte die Hand des Jugendlichen am Laternenpfahl und das Seil rieb durch die Hand, wobei auch die Hand gequetscht wurde. Da keiner der Jugendlichen Handschuhe trug, wurde seine Haut bis auf die Knochen abgerieben. Trotz der Schmerzschreie des Jungen stoppten die anderen nicht sofort das Ziehen.“
Fazit: Hier wurden mehrere Fehler begangen. Zunächst einmal wird Tauziehen von den Feuerwehr-Unfallkassen sehr kritisch gesehen, da es in der Vergangenheit immer wieder schwere Unfälle gegeben hat. Entweder riss das Seil oder eine Mannschaft ließ plötzlich los. Die Folgen waren immer Stürze mit entsprechenden Verletzungen. Als zweiter Punkt ist anzuführen, dass die Teilnehmenden keine Handschuhe trugen. Gerade beim Tauziehen kommt es auf ausreichend Grifffestigkeit an. Ist diese nicht vorhanden, rutscht das Seil durch die Hände und es kommt zu einem erheblichen Abrieb der Haut und auch zu Reibungswärme. Hautabschürfungen oder Verbrennungen sind die Folge. Zu guter Letzt gab es auch einen Mangel in der Organisation. Es wurde durch die Organisierenden nicht bemerkt, dass die Nähe zum Laternenpfahl eine große Gefahr darstellt und das Spiel in dessen Nähe nicht durchgeführt werden durfte oder rechtzeitig hätte abgebrochen werden müssen. Trotz des Unfalls und der Schreie des Jungen wurde die Übung nicht sofort gestoppt. Der Jugendwart hatte dementsprechend keine Vorkehrungen getroffen, die Übung jederzeit beenden zu können.
Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)
Kontakt und Ansprechpersonen
Email: infobreak@hfuk-nord.de
Zentrale Postadresse: Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord
Bertha-von-Suttner-Straße 5
19061 Schwerin
Institutionskennzeichen: 121 390 059