Gefahren für Einsatzfahrzeuge bei Vegetationsbränden: Wenn Wald und Wiesen brennen

11.07.2022

Vegetationsbrände stellen für die Feuerwehren oftmals eine besondere Lage dar. Aufgrund sich verändernder Klimabedingungen mit stetig steigender Temperatur und längeren Trockenphasen, nimmt die Anzahl an Vegetationsbränden im Einsatzgeschehen der Feuerwehren an Bedeutung zu.

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Bild: Timo Lübker / FF Wattenbek

Sommerzeit = Urlaubszeit? Für die Feuerwehren ist die Sommerzeit oft mit besonderen Herausforderungen und häufigeren Alarmierungen verbunden. In unserer 6-teiligen Mini-Serie "Sicherer Feuerwehrdienst im Sommer" befassen wir uns in den nächsten Wochen mit den speziellen Gefahren der warmen Jahreszeit für die Feuerwehren:

Vegetationsbrände stellen für die Feuerwehren oftmals eine besondere Lage dar. Aufgrund sich verändernder Klimabedingungen mit stetig steigender Temperatur und längeren Trockenphasen, nimmt die Anzahl an Vegetationsbränden im Einsatzgeschehen der Feuerwehren an Bedeutung zu. Dies ist der 1. Teil unserer Mini-Serie "Sicherer Feuerwehrdienst im Sommer".

Es besteht bei diesen Einsätzen nicht nur eine direkte Gefährdung für die Mannschaft durch den Brand selbst, sondern auch eine Gefährdung durch die erhöhte körperliche Belastung sowie hohe Außentemperaturen. Eine besondere Bedeutung kommt dabei den eingesetzten Löschfahrzeugen zu. Aufgrund des Unfallgeschehens der vergangenen zwei Jahre geht der nachfolgende Beitrag auf die möglichen Gefährdungen beim Fahrzeugeinsatz zur Vegetationsbrandbekämpfung ein und gibt rechtzeitig zu Beginn der „Saison“ wichtige Hinweise.
Kenntnis von Rampen-, Böschungswinkel und Watttiefe sind die Grundvoraussetzung, ein Fahrzeug auf unwegsamem Gelände sicher zu bewegen. (Bild: Ulf Heller / HFUK Nord)zoom
Kenntnis von Rampen-, Böschungswinkel und Watttiefe sind die Grundvoraussetzung, ein Fahrzeug auf unwegsamem Gelände sicher zu bewegen. (Bild: Ulf Heller / HFUK Nord)

Es liegt in der Natur der Sache, dass sich Vegetationsbrände in der Regel meistens abseits befestigter Straßen abspielen. Eine wichtige Betrachtung, weit vor solchen Einsätzen, muss daher der Fahrzeugtechnik gelten. In der Einsatzplanung muss klar sein, wie weit das zu nutzende Löschfahrzeug geeignet ist, in unwegsamem Gelände und auf unbefestigtem Untergrund gefahren zu werden und wo seine Einsatzgrenzen liegen.

Fahrzeugbereitstellung
Diese Einsatzgrenzen werden zum einen vom Grundfahrgestell definiert. Hier gibt es die Unterscheidungen in geländegängig, geländefähig oder eben nur straßentauglich. Die Ausführung der Fahrgestelle und des löschtechnischen Aufbaues legen den taktischen Einsatzwert fest und bestimmen damit maßgeblich die Möglichkeiten im Einsatz. Nicht ohne Grund gibt es Fahrzeuge, die speziell für die Wald- und Flächenbrandbekämpfung konzipiert wurden.

Nicht jedes Fahrzeug sollte somit auf unbefestigtem Untergrund bewegt werden. Ideal für Einsätze auf einem unbefestigten Untergrund sind Fahrzeuge mit Allradantrieb und Differentialsperren sowie angepasster Bereifung (z.B. Singlebereifung mit grobem Profil). Darüber hinaus sollten der Schwerpunkt und das Gewicht möglichst niedrig und ausgewogen verteilt sowie ein hohes Maß an Bodenfreiheit vorhanden sein. Auch ausreichende Rampen- und Böschungswinkel, ein niedriger Aufbau (Kippwinkel) und kurze Überhänge unterstützen die Geländegängigkeit.

Speziell für die Vegetationsbrandbekämpfung konzipierte Fahrzeuge verfügen über zusätzliche Schutzeinrichtungen wie z.B. Bodensprühdüsen und gegen höhere Temperaturen geschützte Bremsleitungen und Verkabelungen. Neben der Wasserabgabe über Dach- oder Frontmonitore im stehenden Zustand des Fahrzeuges können sie auch zur Wasserabgabe während der Fahrt (Pump and Roll) vorgesehen sein.
Nicht jeder Untergrund ist sicher befahrbar. Bereits sandige Wege können eine Weiterfahrt stoppen. (Bild: Ulf Heller / HFUK Nord)zoom
Nicht jeder Untergrund ist sicher befahrbar. Bereits sandige Wege können eine Weiterfahrt stoppen. (Bild: Ulf Heller / HFUK Nord)

Befahren von Flächen
Ein weiterer Faktor beim Fahrzeugeinsatz sind die Fähigkeiten der mit dem Führen des Fahrzeugs betrauten Person, insbesondere auf unbefestigtem Untergrund, sowie beim Pump and Roll Betrieb.

Ausreichende praktische Erfahrungen im Umgang mit dem Fahrzeug im Gelände sind erforderlich. Eine besondere Bedeutung kommt dem schnellen Rückzug zu. Durch z.B. plötzlichen Richtungswechsel des Windes kann es erforderlich sein, den Standort des Fahrzeuges umgehend zu verändern. Das geht nur, wenn das Fahrzeug frei bewegbar ist, man ausreichend Platz zum Wenden zur Verfügung hat bzw. der Stellplatz so gewählt wurde, dass eine Abfahrt sofort möglich ist. Hierzu kann es unter Umständen notwendig sein, die Einsatzstelle bereits rückwärts anzufahren.

Je nach taktischem Vorgehen und unabhängig vom Fahrzeugtyp sollte geprüfte werden, ob überhaupt eine unbefestigte Fläche befahren werden muss. Entsprechend der vorgefundenen Lage muss mit dem Fahrzeug abseits befestigter Wege entweder die bereits abgebrannte oder eine noch nicht betroffene Fläche befahren werden und ein sicherer Abstellplatz zur Herstellung der Einsatzbereitschaft gefunden werden.

Auf der noch nicht abgebrannten Fläche besteht die Möglichkeit, dass diese noch abbrennt und damit (bei fehlender Fluchtmöglichkeit) auch das Löschfahrzeug. Darüber hinaus kann durch heiße Fahrzeugbauteile (z.B. Katalysator) ein Brand unter dem Fahrzeug selbst ausgelöst werden.

Auf der abgebrannten Fläche besteht die Möglichkeit, dass die Bodenhitze ein Risiko für die Bereifung darstellt bzw. Fahrzeugkomponenten wie Kabel und Leitungen von unten beschädigen kann. Der Feuersaum sollte möglichst nicht überfahren werden, da die Flammen ebenfalls das Fahrzeug beschädigen können.

Auch beim "Pump and Roll" sollte das Fahrzeug frei beweglich und Ausstiege frei zugänglich bleiben, um im Gefahrenfall einen sicheren Rückzug vornehmen zu können. (Bild: Ulf Heller / HFUK Nord)zoom
Auch beim "Pump and Roll" sollte das Fahrzeug frei beweglich und Ausstiege frei zugänglich bleiben, um im Gefahrenfall einen sicheren Rückzug vornehmen zu können. (Bild: Ulf Heller / HFUK Nord)

Pump and Roll
Die Wasserabgabe während der Fahrt stellt eine effektive Methode zur Eindämmung bzw. dem Löschen von Vegetationsbränden dar. „Pump and Roll“ kann entweder über einen fest eingebauten Monitor oder durch neben dem Fahrzeug herlaufende Einsatzkräfte erfolgen.

Wird von einem Monitor das Löschmittel durch eine Einsatzkraft abgegeben, muss diese einen sicheren Stand haben und, wenn der Monitor nicht aus einer Dachluke bedient wird, gegen Absturz gesichert sein.

Laufen Einsatzkräfte neben dem Fahrzeug, sollte nicht die Schnellangriffseinrichtung genutzt werden. Besser ist die Verwendung von Rollschläuchen, um im Falle eines schnellen Rückzuges die Schläuche abkuppeln zu können und damit das Fahrzeug frei bewegbar zu halten.

Ob C- oder D-Schläuche zur Anwendung kommen, obliegt der vorgesehenen Einsatztaktik. D-Schläuche sind leichter zu handhaben und können helfen, den Löschmittelvorrat effektiver auszubringen. Unabhängig davon sollten diese Schläuche jedoch am Fahrzeug nicht so geführt werden, dass sie ein Aussteigen des Fahrzeugführenden verhindern bzw. das schnelle Einsteigen der Mannschaft im Rückzugsfall erschweren oder ausschließen.

Wassergabe vom Fahrzeug aus
Leider wird die „Pump and Roll“ Methode von einigen Feuerwehrangehörigen so interpretiert, dass sie sich in den Aufbau oder das Fahrzeugdach setzen und während der Fahrt über Handstrahlrohre Löschmittel abgeben. Eine bestimmungsgemäße Benutzung des Löschfahrzeuges ist damit jedoch nicht mehr gegeben, die Sicherheit und Gesundheit der Einsatzkräfte wird unzulässig gefährdet.

Weiterhin werden hier und da Logistikfahrzeuge, die sich aufgrund ihrer Vielseitigkeit immer größerer Beliebtheit in den Feuerwehren erfreuen, auch für den Einsatzzweck „Vegetationsbrand“ hergerichtet. Leider führt das auch zu neuen Ideen, die ebenfalls nicht immer als sicher anzusehen sind. So wurden Einsätze z.B. in sozialen Medien öffentlich gemacht, bei denen wassergefüllte Tanks auf der Ladefläche von Logistikfahrzeugen verlastet wurden und mittels Tragkraftspritze kurzerhand ein behelfsmäßiges Tanklöschfahrzeug entstanden ist. Die Wasserabgabe erfolgte während der Fahrt über Strahlrohre, stehend von der Ladebordwand aus. Mal von den Fragen der Ladungssicherung sowie Abgasen der Tragkraftspritze abgesehen, stellt der Standort der Strahlrohrführenden auf Ladebordwänden keinen sicheren Platz dar. Es besteht das Risiko, z.B. bei schnellen Richtungsänderungen des Fahrzeugs von der Ladebordwand zu fallen. Auch hier liegt ein Verstoß gegen die UVV „Fahrzeuge“ vor, denn eine bestimmungsgemäße Benutzung ist nicht gegeben (s. § 33 DGUV Vorschrift 71).

Weiterführende Informationen zum Führen von Fahrzeugen abseits befestigter Straßen können auch unserem Stichpunkt Sicherheit „Feuerwehrfahrzeuge abseits befestigter Straßen sicher bewegen“ entnommen werden.

Weitere Informationen zum Thema „Vegetationsbrände“ finden Sie hier.

https://www.hfuknord.de/hfuk/aktuelles/das-aktuelle-thema/Die-Feuerwehr-im-Sommer.php

unter dem Punkt „Wetterbedingte Gefahren“.

Wir wünschen allen Feuerwehren einen möglichst unfallfreien Sommer!


Mit der Mini-Serie „Sicherer Feuerwehrdienst im Sommer“ möchten wir über besondere Gefahren und Risiken in der warmen Jahreszeit informieren und auf entsprechende Beitrage auf unserer Fachthemenseite „Die Feuerwehr im Sommer“ aufmerksam machen.

Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)

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