06.12.2022
Im Bereich der technischen Hilfeleistung, aber auch bei Einsätzen der Brandbekämpfung hat die Feuerwehr immer wieder mit Tieren zu tun. So vielfältig die Einsatzsituationen sein können, so vielfältig erweist sich auch das Gefahrenpotential. Umso wichtiger ist es, die Gefährdungen und Eigenschaften im Umgang mit den verschiedenen Tierarten zu kennen und durch geeignete Schutzmaßnahmen oder Vorgehensweisen Unfälle zu verhindern.
Im Bereich der technischen Hilfeleistung, aber auch bei
Einsätzen der Brandbekämpfung hat die Feuerwehr immer wieder mit Tieren
zu tun. Das Spektrum reicht vom einfachen Klassiker, wie eine Katze vom
Baum zu retten, über das Retten von Großtieren aus misslichen Lagen, das
Evakuieren von Tieren aus brennenden Ställen bis hin zu Einsätzen mit
wilden oder exotischen Artgenossen. So vielfältig die Einsatzsituationen
sein können, so vielfältig erweist sich auch das Gefahrenpotential.
Umso wichtiger ist es, die Gefährdungen und Eigenschaften im Umgang mit
den verschiedenen Tierarten zu kennen und durch geeignete
Schutzmaßnahmen oder Vorgehensweisen Unfälle zu verhindern.
Bisse mit Folgen
Zwar ereignen sich die meisten
Unfälle bei der Rettung von Kleintieren, dennoch lauern bei der
Befreiung von Großtieren, wie Pferden oder Kühen, aus misslichen Lagen
deutlich schwerwiegendere Unfallgefahren.
Bei der Rettung von Kleintieren kommt es vor allem zu Biss- und Kratzverletzungen. Ein Katzenbiss zum Beispiel kann zu schweren Infektionen führen. Verletzungen durch Katzenbisse sind aufgrund der geringen Körpergröße der Tiere vergleichsweise klein. Durch die Zähne, welche ähnlich einer Nadelspitze wirken, entstehen jedoch leichter tiefe Punktionen. Diese können dazu führen, dass der infektiöse Speichel vor allem an den Händen, deren Haut sehr dünn ist, bis in das Muskelgewebe, die Sehnen und Knochen oder den Gelenkspalt gelangt. Hierbei werden auch Keime unter die Haut gebracht, die anaerob, sprich ohne Sauerstoff überleben. Schließt sich die Wunde, so können sich die Keime an den Sehnen und an Sehnenscheiden entlang in den Körper ausbreiten. Dann wird mitunter ein chirurgischer Eingriff erforderlich. Indizien dafür, dass sich eine Katzenbisswunde entzündet hat, sind eine überwärmte, gerötete und geschwollene Hand. Katzenbisse sind daher keine Bagatelle, sondern bedürfen im Regelfall einer umgehenden ärztlichen Behandlung.
Aber nicht nur Katzen haben spitze Zähne. Die Feuerwehren können es z.B. auch mit Tieren wie Marder oder Frettchen zu tun bekommen, die ebenfalls spitze Zähne aufweisen.
Gerade bei sehr spitzen Zähnen bieten die Handschuhe für die technische Hilfeleistung oder selbst die dickeren Handschuhe für die Brandbekämpfung der Feuerwehr wenig Schutz. Der Schutz der Einsatzkräfte vor Beißattacken kann durch spezielle Handschuhe gewährleistet werden. Diese, meist aus Leder hergestellten Handschuhe besitzen eine höhere Durchstichfestigkeit und eine deutlich längere Stulpe als die Standard-Feuerwehrhandschuhe. Beim Einsatz dieser Handschuhe gilt es allerdings zu beachten, dass mit einer hohen Schutzwirkung auch eine erhebliche Einschränkung der Fingerfertigkeit einhergeht.
Vorsicht, Hund!
Hundebisse erfolgen in der Regel mit einer größeren Krafteinwirkung auf das Gewebe, wodurch es weniger zu tiefen, aber dafür großflächigeren Wunden kommt. Gerade große Hunde können Bisskräfte bis über 1000 Newton entwickeln. Quetschungen und Knochenbrüche vor allem im Handbereich können die Folge sein. Die Gefahr, von einem Hund gebissen zu werden, besteht z.B. dann, wenn bei einem Einsatz ein Privatgrundstück betreten werden muss. Die Feuerwehr dringt dann in den Bereich des Hundes ein, welcher sein Revier verteidigen will. Allein bei der Deutschen Post melden die Zusteller bis zu 2.000 Beißattacken pro Jahr (Quelle: www.dpdhl.com). Daher lernen die Zusteller den Umgang mit den Vierbeinern bereits beim Berufsstart.
Sollte man ein Grundstück betreten müssen, auf dem ein Hund vermutet wird, so muss man sich zunächst bemerkbar machen, um den Hund nicht zu erschrecken. Der Hund muss die Möglichkeit haben, einen „zu erkennen und kennenzulernen“. Ist der Halter in der Nähe, so kann dieser aufgefordert werden, den Hund zu sichern oder zu entfernen.
Kommt ein aggressiver Hund auf einen zugelaufen, so sollte man sich ruhig und ohne schnelle hektische Bewegungen entfernen. Weglaufen löst gegebenenfalls den Jagdinstinkt aus und Drohgebärden können eine Abwehrreaktion hervorrufen.
Hier ist die Gefahr eines Angriffs sehr groß, daher ist Vorsicht geboten:
Halten Sie an.
Wenn Sie hingefallen sind:
Exotische Tiere und Wildtiere
Auch wenn es selten vorkommt: Feuerwehren werden auch zum Suchen und Einfangen von exotischen Tieren, wie
z.B. Schlangen oder Spinnen gerufen. Hier besteht die Gefahr durch
Abwehrgifte der Tiere. Bei Einsätzen mit exotischen Tieren muss
zunächst immer genau geklärt werden, um was für ein Tier es sich handelt
und welche möglichen Gefahren von ihm ausgehen. Es sollte immer ein
Experte auf dem Gebiet des jeweiligen Tieres herangezogen werden. Neben
Veterinären können das auch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Zoos
und Tierparks, Tierheimen oder Zoofachgeschäften sein.
Sind Wildtiere
betroffen, wie z.B. Füchse oder Rehwild, so geht die größte Gefahr wie
bei Pferden vom Fluchttrieb und damit einhergehenden unkontrollierten
Bewegungen aus. Manche Wildtierart geht jedoch bei Gefahr in den Angriffsmodus über. Ein Beispiel hierfür wären Wildschweine, vor allem
Bachen mit Frischlingen (weibliches Wildschwein mit Nachwuchs). Hier
ist der Abstand zu den Tieren der beste Schutz.
Bei Vögeln bestehen
Verletzungsgefahren durch Hacken mit dem Schnabel sowie durch die
scharfen Krallen. Neben den Händen muss hier auch das Gesicht durch das
Helmvisier geschützt werden. Größere Vögel wie z.B. Schwäne können
darüber hinaus auch beißen oder die Einsatzkräfte mit ihren kräftigen
Flügeln verletzen. Hier bietet die PSA der Feuerwehr einen guten
Schutz.
Großtierrettung: Komplex und gefahrvoll
Bei der Rettung von
Großtieren, z.B. aus Gruben, Gräben oder ähnlichen Lagen besteht das
größte Gefährdungspotential im unvorhersehbaren Verhalten in
Kombination mit dem hohen Gewicht und der Kraft der Tiere. Pferde in
Notsituationen zeigen andere Verhaltensweisen als unter normalen
Umständen. Ruhige und extrem aktive Phasen wechseln sich ab. Ein ruhig
liegendes Pferd wird, sobald es die Freiheit spürt, vehement ums Überleben kämpfen und versuchen, der Situation durch Flucht zu entgehen. In
großer Gefahr sind bei derartigen Einsätzen vor allem die
Rettungskräfte, die den vom Tier ausgehenden Gefahren ganz unmittelbar
ausgesetzt sind. Zu den gefährlichsten Bereichen zählen der Kopf
sowie die Beinbereiche. Ein Pferdekopf kann über 30 Kg schwer sein. Wenn
das Pferd plötzlich mit dem Kopf um sich schlägt, wirken enorme Kräfte.
Ganz zu schweigen von möglichen Treffern mit den Pferdehufen.
Sollte das Tier nicht von einem Tierarzt oder einer Tierärztin medikamentös behandelt und beruhigt worden sein, so wird es versuchen zu
flüchten, sobald es frei ist. Ein vorher festgelegter Fluchtweg muss
daher vorhanden sein.
Einsätze mit Tieren, vor allem mit Großtieren,
sollten daher immer unter Begleitung eines Veterinärs stattfinden.
Darüber hinaus sollte der Einsatz, um das Tier nicht unnötig zusätzlich
zu stressen, mit größtmöglicher Ruhe und geringem Personaleinsatz
erfolgen - gemäß dem Grundsatz „so viele wie nötig, so wenige wie
möglich“.
Das Einbinden der Tierbesitzer kann hilfreich sein, da diese
beruhigend auf das Tier einwirken können. Allerdings stellt ein solches
Ereignis auch die Besitzer unter Stress. Einer Studie der American
Hospital Association zufolge würden 83 Prozent der Tierbesitzer ihre
Gesundheit oder gar ihr Leben riskieren, um ihrem Tier zu helfen. Von
daher muss genau abgewogen werden, ob die Anwesenheit des Besitzers oder
der Besitzerin nützlich ist oder eher schadet. Mittlerweile gibt es
spezielle Ausrüs- tungen sowie Schulungen im Bereich der technischen
Großtierrettung.
Evakuierung von Tieren
Gerade bei einem Brand auf einem
landwirtschaftlichen Anwesen sehen sich die Feuerwehrangehörigen
plötzlich einer Vielzahl von unterschiedlichen Tieren gegenüber, welche
zum Teil panisch sind und noch aus den Gebäuden evakuiert werden
müssen oder unkontrolliert umherirren. Einsatzkräfte riskieren dabei
neben ihrer Gesundheit auch ihr Leben. Hier zahlen sich Erfahrung und
Hintergrundwissen aus.
Die unterschiedlichen Tierarten legen im
Brandfall verschiedene Verhaltensweisen an den Tag. Pferde sind daran
gewöhnt aus dem Stall geführt zu werden und ihre „sichere Box“ zu
verlassen, was eine Evakuierung prinzipiell erleichtert. Dennoch
können diese unberechenbar reagieren, wenn sie in Panik geraten oder
sich durch die Einsatzkräfte bedroht fühlen (Fluchtreflex). Durch
das große Gewicht der Tiere sind dann auch die Einsatzkräfte gefährdet. Sie können umgerannt, eingequetscht oder getreten werden. Da
Pferde die Stimme ihrer Besitzer erkennen können, wird empfohlen,
diese wenn möglich, bevorzugt für die Evakuierung einzusetzen bzw.
hinzuzuziehen.
Bei der Evakuierung von Rindern lässt sich schwer eine
einheitliche Aussage treffen. Hier kommt es vor allem darauf an, ob die
Tiere es gewöhnt sind, den Stall zu verlassen oder nicht. Handelt es
sich um Rinder, welche den Stall nie verlassen, so werden sie diesen
auch nur unter großem Zwang verlassen. Tiere, welche es gewöhnt sind,
auf die Weide zu gehen, lassen sich leichter aus dem Stall treiben.
Dafür sollten nach Möglichkeit Wege genutzt werden, welche den Tieren
bekannt sind. Darüber hinaus muss vor der Evakuierung klar sein, wohin
die Tiere gebracht werden sollen. Nicht selten ist zu beobachten, wie
bei Bränden auf landwirtschaftlichen Betrieben die Tiere zwar ins
Freie gebracht werden, dann jedoch unkontrolliert auf der Einsatzstelle
herumlaufen.
Teilweise wurde auch schon beobachtet, wie Feuer bei
Kühen und Rindern eine gewisse Faszination auslösen kann. Hierbei wurde
festgestellt, wie sich Kühe um das Feuer drängten, wenn auf dem Feld
Abfälle verbrannt wurden. Die Tiere blieben hierbei verhältnismäßig
lange ruhig.
Auch wenn die häufigsten Bissverletzungen durch Hunde und
Katzen hervorgerufen werden, so können auch Pferde und Kühe beißen.
Hierbei kann es zu großflächigen Quetschwunden kommen.
Bei Schafen
handelt es sich um Tiere mit einem starken Herdentrieb. Diese neigen
dazu, sich bei Gefahr zusammen zu drängen. Hier wird empfohlen, den sog.
Leithammel möglichst ruhig nach draußen zu führen. Die anderen Schafe
werden diesem dann mit großer Wahrscheinlichkeit folgen. Dabei
sollten, wie auch schon bei den Rindern, den Tieren bekannte Wege
genutzt werden.
Schweine sind keine Fluchttiere. Sie suchen bei Gefahr
instinktiv Zuflucht in ihrer „sicheren“ Bucht. Bei einer Evakuierung
ist es wichtig, diese in eine Richtung zu treiben. Schweine neigen
dazu, in alle möglichen Richtungen auszubrechen, um zurück in den
Stall zu gelangen.
Bei allen Großtieren wird empfohlen, die Evakuierung
möglichst mit Hilfe der Besitzer und mit größtmöglicher Ruhe
durchführen zu lassen. Ist dies nicht mehr möglich, dann sollte die
Evakuierung von Einsatzkräften übernommen werden, welche Erfahrung im
Umgang mit den Tieren haben. Um diese Erfahrung zu erlangen, empfiehlt
es sich für Feuerwehren, in deren Einsatzgebieten landwirtschaftliche
Anwesen oder Mastbetriebe liegen, entsprechende Übungen und Schulungen
durchzuführen.
Zum Schutz der Einsatzkräfte und auch der Tiere sollten
darüber hinaus, je nach Einsatzlage, auch Tierärzte und -ärztinnen mit
in die Rettung eingebunden werden.
Kommt es auf Straßen oder gar Autobahnen zu Unfällen mit Tiertransportern, muss vor der Befreiung der
Tiere geklärt sein, wohin diese gebracht werden. Es wäre fatal, wenn
auf einer Autobahn bei den dort gefahrenen hohen Geschwindigkeiten ein
Tier aus einem Unfallfahrzeug befreit wird, dann zur Flucht ansetzt und
auf die Gegenfahrbahn läuft.
Die Fahrbahnen müssen daher gegebenenfalls kurzzeitig komplett gesperrt werden. Steht nicht gleich eine
Umlademöglichkeit auf ein anderes Fahrzeug bereit, muss zunächst ein
Behelfsgatter gebaut werden.
Fazit
So vielfältig die Tierarten sind, so
vielfältig sind auch die Einsatzsituationen und Gefährdungen.
Grundsätzlich bietet die feuerwehrtechnische PSA schon einen guten
Schutz. Allerdings reicht dieser Schutz nicht immer aus und durch das
Vorhalten und Benutzen von spezieller PSA, z.B. Handschuhen zum Schutz
vor Katzenbissen, können Verletzungen verhindert werden. Die
Feuerwehren können sich nun nicht auf alle erdenklichen
Einsatzsituationen mit Tieren vorbereiten, aber sich vielleicht
schwerpunktmäßig nach den eigenen Örtlichkeiten richten und auf dort
realistische Situationen ausrichten. Da man bei der Tierrettung mit
Lebewesen umgeht, muss man bei den Arbeiten umsichtig und vorsichtig
vorgehen. Gut ist es, wenn man Personen in den eigenen Reihen hat, die
sich mit Tieren auskennen. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit, sich
durch Begehungen z.B. örtlicher Tierhaltungsbetriebe oder das
Besuchen von Seminaren Expertise anzueignen. Hier unterstützen in der
Regel auch die Tierparks und Zoos gerne. Hilfreich ist es auch, wenn man
sich wichtige Rufnummern von Tierärzten oder Anlaufstellen /
Unterstützungskräften bei der Tierrettung bereithält.
Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)
Kontakt und Ansprechpersonen
Email: infobreak@hfuk-nord.de
Zentrale Postadresse: Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord
Bertha-von-Suttner-Straße 5
19061 Schwerin
Institutionskennzeichen: 121 390 059