01.08.2019
Schmutz kann krank machen. Dies gilt besonders für den Feuerwehrdienst. Feuerwehrleute kommen in vielen Situationen mit Stoffen in Berührung, die die Gesundheit gefährden und ihr schaden können. Die Hygiene rückt in den Feuerwehren aktuell immer mehr in den Fokus.
Schmutz kann krank machen. Dies gilt besonders für den
Feuerwehrdienst. Feuerwehrleute kommen in vielen Situationen mit Stoffen
in Berührung, die die Gesundheit gefährden und ihr schaden können. Die
Hygiene rückt in den Feuerwehren aktuell immer mehr in den Fokus.
In vielen Städten und Gemeinden haben die Verantwortlichen für
Sicherheit und Gesundheit in der Feuerwehr bereits reagiert: In den
Wehren beschäftigt man sich intensiv mit der Entwicklung von Maßnahmen
und Konzepten, um Feuerwehrleute besser zu schützen und die
Verschleppung von Schmutz und Gefahrstoffen in saubere Bereiche zu
vermeiden. In diesem Artikel gehen wir auf das Thema und die
Hintergründe näher ein und zeigen beispielhafte Lösungen zur Prävention
auf.
Im Feuerwehreinsatz treten Schmutz, Verbrennungsrückstände, Keime, Gifte, krebserregende Substanzen in fester, flüssiger oder gasförmiger Form auf. Die Stoffe können z.B. eingeatmet werden, sich auf der Haut ablagern oder gelangen durch Wunden bzw. Nahrungsaufnahme in den Körper. Zum Schutz kommen verschiedene Maßnahmen zur Anwendung: Gegen Atemgifte werden Atemschutzgeräte getragen und die Persönliche Schutzausrüstung und -kleidung von Kopf bis Fuß bildet die „letzte Barriere“ gegen alle Stoffe, die von außen auf die Feuerwehrangehörigen einwirken.
Doch selbst diese kann keinen 100%-igen Schutz bieten, denn die
Kleidung ist nicht hermetisch dicht und besteht zudem aus mehreren
Teilen. Ist der Einsatz gelaufen, gilt es deshalb Schmutz und
Gefahrstoffe zu beseitigen und zu verhindern, dass sie in den Körper
gelangen oder weiter verschleppt werden.
Hygienethema nicht wirklich neu
Das Thema
Hygiene im Feuerwehrdienst wird zurzeit vermehrt diskutiert. Im
Mittelpunkt der Debatte steht vor allem die Prävention vor Erkrankungen,
die durch die Aufnahme von Schadstoffen im Körper ausgelöst werden
könnten. Neu ist das Problem jedoch nicht: Es ist eigentlich ein „alter
Hut“, sich vor Gefahren durch Schmutz und Gefahrstoffe im
Feuerwehrdienst zu schützen. Hygienemaßnahmen sind seit vielen Jahren in
verschiedenen Vorschriften und Regelwerken klar beschrieben. Im Bereich
der Gefahrguteinsätze gibt es sogar eine ganze
Feuerwehr-Dienstvorschrift zu dem Thema, die FwDV 500. Zudem gibt es
etliche, zum Teil viele Jahre alte Veröffentlichungen und
Informationsschriften zum Thema Kontaminationsvermeidung (siehe am Ende des Artikels).
Die Unfallverhütungsvorschrift (UVV) „Feuerwehren“ (DGUV Vorschrift
49) regelt in § 15 Abs. 2, dass „Kontaminationen der
Feuerwehrangehörigen durch geeignete Schutzmaßnahmen zu vermeiden sind“.
Konkret beschreibt die zur UVV gehörige Regel Maßnahmen, die zu treffen
sind: Neben der Kennzeichnung und Reinigung betroffener Bereiche werden
z.B. das Ablegen kontaminierter PSA, das Vorhalten von Ersatzkleidung,
die Verfahrensweise mit verschmutzter PSA sowie Festlegungen zur
Nahrungsaufnahme aufgezählt.
Dokumentationspflicht bei krebserzeugenden Gefahrstoffen
Doch
nicht nur die Maßnahmen zur Kontaminationsvermeidung sind zu ergreifen –
auch die Dokumentation spielt eine wichtige Rolle. Kommen
Feuerwehrangehörige etwa mit krebserzeugenden Stoffen in Berührung,
gilt: Ergibt die Gefährdungsbeurteilung eine Gefährdung der Gesundheit
oder der Sicherheit der Feuerwehrangehörigen, hat die Stadt bzw.
Gemeinde als Träger des Brandschutzes gemäß § 2 der UVV „Grundsätze der
Prävention“ (DGUV Vorschrift 1) in Verbindung mit § 14 Abs. 3 der
Gefahrstoffverordnung (GefStoffVO) die Pflicht, dies in einem
Verzeichnis zu dokumentieren. Dieses sogenannte Expositionsverzeichnis
muss mit allen Aktualisierungen bis 40 Jahre nach Ende der Exposition
aufbewahrt werden und betroffenen Feuerwehrangehörigen als Auszug mit
den sie betreffenden Angaben ausgehändigt werden.
Die Erfassung der Exposition und die lange Aufbewahrungszeit dienen
dazu, auch nach Ablauf eines sehr langen Zeitraumes einen Zusammenhang
zwischen einer auftretenden Erkrankung und dem Feuerwehrdienst erkennen
zu können. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es möglich, dass den
Betroffenen ihre entsprechenden Ansprüche zuteilwerden, wie
beispielsweise Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Falle
einer später eintretenden Berufskrankheit.
Wie so ein Expositionsverzeichnis aussehen kann, zeigt die „Zentrale
Expositionsdatenbank“ (ZED) der Deutschen Gesetzlichen
Unfallversicherung. Dieses für Unternehmen, also auch für Städte und
Gemeinden, komplett kostenlose Programm, bietet eine rechts- und
datenschutzkonforme sowie sichere Verwaltung und Aufbewahrung der
Expositionsdaten über 40 Jahre. Den Zugriff auf die Datenbank hat der
Träger des Brandschutzes, die Aushändigung eines Datenauszuges an die
Feuerwehrangehörigen erfolgt auf schriftliche Anforderung. Den Zugang
findet man unter dem Link am Ende des Artikels. Auf der
Webseite der Datenbank gibt es auch eine Testversion zum Ausprobieren.
Verantwortung klar geregelt
Besser wäre es
natürlich, wenn alle gesund bleiben. Der Prävention kommt daher eine
ganz besonders wichtige Bedeutung zu. Doch wer muss handeln? Auf die
Frage, wer beim Arbeitsschutz in der Feuerwehr „den Hut auf hat“, gibt
die UVV „Feuerwehren“ im § 3 Abs. 1 eine eindeutige Antwort:
„Der bzw. die Unternehmer(in) ist für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz … im Feuerwehrdienst … verantwortlich. Sie hat für eine geeignete Organisation zu sorgen und … die besonderen Strukturen und Anforderungen der Feuerwehr zu berücksichtigen.“ |
Unternehmer im Sinne der UVV ist die Stadt oder Gemeinde als Träger
des Brandschutzes. Der Bürgermeister bzw. die Bürgermeisterin steht
damit in der Verantwortung für die Sicherheit und Gesundheit derjenigen,
die für die Kommune tätig sind – egal ob als Angestellte oder
Ehrenamtliche. Sind Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit der
Feuerwehrangehörigen zu treffen, müssen dafür gegebenenfalls auch die
erforderlichen finanziellen Mittel bereitgestellt werden –
beispielsweise für zusätzliche Einsatzschutz (Ersatz-) kleidung oder
Umbauten am Feuerwehrhaus.
Feuerwehr Bad Segeberg: Vorbildliches Hygienekonzept
Dieser
Verantwortung als Träger des Brandschutzes wird man in Bad Segeberg,
einer Kreisstadt in Schleswig-Holstein, die vor allem für die jährlich
stattfindenden Karl-May-Spiele bekannt ist, in besonderem Maße gerecht.
Wenn die Freiwillige Feuerwehr des Ortes zum Einsatz alarmiert wird, ist
es wie überall: Die Feuerwehrleute begeben sich zum Feuerwehrhaus,
rüsten sich aus und rücken mit den Einsatzfahrzeugen gemäß Auftrag aus.
Wenn der Einsatz beendet ist, wird wie überall, die Einsatzbereitschaft
wiederhergestellt. Eine Sache läuft bei der Feuerwehr Bad Segeberg
allerdings anders: Sind Feuerwehrangehörige beim Einsatz mit Schmutz und
Gefahrstoffen in Kontakt gekommen, kommt ein ausgefeiltes
Hygienekonzept zur Anwendung.
Das Konzept der Wehr sieht verschiedene Stufen vor, welche angepasst
an die jeweilige Einsatzlage, kleinere oder umfangreichere Maßnahmen
vorsehen, um die Feuerwehrangehörigen vor Gefahren durch Schmutz und
Gefahrstoffe zu schützen. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn
Verschmutzungen bei Brandeinsätzen auftreten oder Feuerwehrleute im
Einsatz mit Krankheitserregern und anderen gesundheitsgefährdenden
Substanzen in Berührung kommen.
Mark Zielinski, Wehrführer der 90 Einsatzkräfte zählenden Bad Segeberger Feuerwehr, erläutert: „Vor einigen Jahren haben wir festgestellt, dass wir unsere Kameraden und Kameradinnen in puncto Gesundheitsvorsorge und Hygiene besser schützen müssen. Daraufhin haben wir unser Hygienekonzept ausgetüftelt, das je nach Größe des Einsatzes unterschiedlich zum Tragen kommt. Basis dafür sind unsere Ausrüstungskomponenten Wechsellader mit Abrollbehälter (AB) Logistik und Mannschaftstransportfahrzeug.“
Bei Konzeptstufe „klein“ wird sichergestellt, dass die Trupps, die aus dem unmittelbaren Einsatz kommen, grob gereinigt werden, Pressluftatmer und Einsatzkleidung in einem definierten Bereich ablegen. Dort erhalten sie neue Kleidung, die sie dann in einem kleinen Absetzcontainer anziehen. Der Container wird durch ein Wechselladerfahrzeug mit dem AB Logistik an die Einsatzstelle gebracht. Bei Konzeptstufe „groß“ wird zusätzlich ein Schnelleinsatzzelt aufgebaut, um über einen größeren geschützten Raum zum Umkleiden zu verfügen. Das Hygienekonzept der Bad Segeberger hat auch die Verpflegung der Einsatzkräfte im Blick. Getränke und Snacks werden mittels Rollcontainer in dem AB Logistik an die Einsatzstelle gebracht und es wird dafür gesorgt, dass diese unter hygienischen Umständen verzehrt werden können. Neben Müsliriegeln (Energieaufnahme) und Schokoriegeln (Wohlfühlfaktor) werden auch Mineralwasser (Flüssigkeitshaushalt) und isotonische Getränke mitgeführt. Für den Winter sind Tee und Brühe gedacht.
Wehrführer Zielinski erläutert weiter: „Wichtig ist: Der Kleinbrand, z.B. eines Müllcontainers oder die Türöffnung bei einer erkrankten oder verstorbenen Person werden in unserem Konzept genauso berücksichtigt wie das Großfeuer, durch das zahlreiche Trupps erhebliche Verschmutzungen an ihrer Einsatzkleidung erleiden und Fahrzeuge und Geräte erheblich kontaminiert werden.“
Dies spielt vor allem deshalb eine große Rolle, weil auch die kleinen Einsätze das Risiko bergen, mit Gefahrstoffen in Berührung zu kommen. „Und wenn ein Hygienekonzept im Kleinen zur Routine wird, wird es bei großen Einsätzen erst recht akzeptiert“, weiß Mark Zielinski aus den Erfahrungen in seiner Wehr. Heute gehört das Konzept zum Standard und wird auch von Kameraden nachgefragt.
In die Köpfe muss es rein
Und überhaupt: Vieles ist
Kopfsache! Und in die Köpfe muss rein, dass Feuerwehrleute dann sicher
handeln, wenn sie auf Einsatzhygiene achten. Es ist noch nicht viele
Jahre her, da warben selbst Hersteller von Schutzkleidung mit Gesichtern
von Feuerwehrleuten, die rußverschmiert aus dem Brandeinsatz kamen – ein
Sinnbild heroischer Einsatzkräfte. Aus heutiger Sicht ein großer Unsinn
und schlichtweg falsch, denn Ruß auf der Haut ist eine
Gesundheitsgefahr!
In der heutigen Zeit, in der in immer mehr Feuerwehrfahrzeugen
Hygienewände eingebaut werden, ist vor allem Sensibilisierung gefragt.
Denn längst nicht überall ist die Botschaft angekommen, dass der Schutz
vor Schmutz für Feuerwehrleute eine besonders wichtige Rolle spielt.
Akzeptanz für dieses Thema erzeugen und für Hygienemaßnahmen zu werben,
ist deshalb zentrales Anliegen der Präventionsarbeit der
Feuerwehr-Unfallkassen.
Sauber und gesund im Feuerwehrdienst – das fängt
mit ganz einfachen Dingen an. Es muss nur ein Umdenken stattfinden.
Einfachste Konzepte können sofort ohne große Investitionen umgesetzt
werden:
Diese Aufzählung enthält natürlich nur ein
paar Beispiele für Maßnahmen, die sich einfach umsetzen lassen. Ein
Grundprinzip ist immer gleich: Durch eine konsequente
Schwarz-Weiß-Trennung von kontaminierten und nicht verschmutzten
Bereichen soll erreicht werden, dass der Dreck nicht weiter verschleppt
wird. Dies lässt sich im Feuerwehrhaus z.B. durch bauliche Maßnahmen
bewerkstelligen. Somit wird die Hygiene im Feuerwehrhaus gleich mit
eingebaut. Eine entsprechende Raumplanung sorgt z.B. dafür, dass Schmutz
aus Umkleidebereich und Fahrzeughalle gar nicht erst in die Sozialräume
gelangt. Bei Neu- und Umbauten beraten die Feuerwehr-Unfallkassen die
Träger des Brandschutzes ausführlich zu den Möglichkeiten.
Pflicht und
Kür
Sauber ist gesund! Sauber aus dem Feuerwehreinsatz zu kommen, ist
eine Pflicht, die alle Feuerwehrangehörigen ihrer eigenen Gesundheit
schulden. Und es ist die Pflicht der Städte und Gemeinden als Träger des
Brandschutzes, Hygienemaßnahmen zur Verhütung von Gesundheitsschäden zu
entwickeln und umzusetzen. Dies gebieten der Arbeitsschutz und die
Fürsorge den Feuerwehrangehörigen gegenüber.
Beispiel für eine Kür ist
das Konzept der Freiwilligen Feuerwehr Bad Segeberg. Hier hat man sich
Gedanken gemacht, ein Konzept entwickelt und umgesetzt, das nunmehr
Standard und selbstverständlich ist. Daran kann man sich nur ein
Beispiel nehmen!
Ansicht: Sauber bleiben!
Bleibt sauber! Diese Phrase
kennen wir alle. Für uns als Feuerwehr in Bad Segeberg sind dies keine
geflügelten Worte, denn Führen heißt auch Verantwortung. Gemeinsam haben
wir ein Hygienekonzept entwickelt und gemeinsam wird es in unserer Wehr
gelebt. Daher ist dieses nicht „übergestülpt“, sondern aus unserer
Mitte gewollt.
Es wurde Zeit zu handeln. Unser Tagesgeschäft wird immer
gefährlicher – auch in dieser Hinsicht. Von Ruß bis Infektionen und
Keimen ist alles dabei. Da kann und darf es nicht sein, dass die
Gesundheit der Feuerwehrangehörigen zusätzlich gefährdet wird.
Den Dreck
möglichst draußen an der Einsatzstelle lassen – das ist das Grundprinzip. Schmutz von dort gehört nicht in die Fahrzeuge und
nicht in die sauberen Bereiche des Gerätehauses geschleppt. Und schon
gar nicht in den privaten Bereich. Man stelle sich zu Hause vor, man
käme mit den dreckigen Gartenstiefeln ins Wohnzimmer? Was gäbe es dann
für ein Aufstand …? Und bei der Feuerwehr soll das in Ordnung sein?
Dafür haben wir in unserer Feuerwehr Maßnahmen ergriffen und die
finanziellen Mittel wurden durch die Stadt bereitgestellt. Gut
angelegtes Geld, das dem Schutz und der Gesunderhaltung unserer
Kameradinnen und Kameraden zu Gute kommt.
Es sind keine riesigen Investitionen nötig, um Hygienemaßnahmen zu ergreifen. Es beginnt mit einfachen Dingen, die in jeder Wehr ohne Weiteres in die Tat umgesetzt werden können. Und es bedarf eines Umdenkens: Feuerwehrleute mit rußgeschwärzten Gesichtern verkörpern kein Heldentum. Sie machen schlichtweg etwas falsch! Bleibt sauber!
Wichtige Medien und Links zum
Thema „Hygiene im Feuerwehrdienst“
Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)
Kontakt und Ansprechpersonen
Email: info@hfuk-nord.de
Zentrale Postadresse: Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord
Bertha-von-Suttner-Straße 5
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