Fahrsicherheit Thema beim 8. Forum „Sicherheit“ der Feuerwehr-Unfallkassen: Ankommen! Nicht umkommen.

12.12.2019

„Lieber zwei Sekunden feige, als ein Leben lang tot“ – treffender als mit diesem Zitat eines Referierenden hätte man ein Fazit der Fachbeiträge auf dem 8. FUK-Forum „Sicherheit“ der HFUK Nord, FUK Mitte und FUK Brandenburg, das vom 2.-3.12.2019 in Hamburg stattfand, nicht ziehen können.

Interessiert verfolgte das Fachpublikum die Ausführungen der Referierenden im voll besetzten altehrwürdigen Saal der Handwerkskammer Hamburg. (Bild: Holger Bauer)zoom
Interessiert verfolgte das Fachpublikum die Ausführungen der Referierenden im voll besetzten altehrwürdigen Saal der Handwerkskammer Hamburg. (Bild: Holger Bauer)

„Lieber zwei Sekunden feige, als ein Leben lang tot“ – treffender als mit diesem Zitat eines Referierenden hätte man ein Fazit der Fachbeiträge auf dem 8. FUK-Forum „Sicherheit“ der Feuerwehr-Unfallkassen HFUK Nord, FUK Mitte und FUK Brandenburg nicht ziehen können. Die Fachtagung fand vom 2. bis 3. Dezember 2019 in Hamburg statt und hatte die Sicherheit bei Fahrten im Feuerwehrdienst als Themenschwerpunkt. In einer aktuellen Stunde wurde zudem über aktuelle Erkenntnisse aus Studien zum Krebsrisiko im Feuerwehrdienst berichtet.

Olaf Plambeck, Vorstandsvorsitzender der Hanseatischen Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord), begrüßte die mehr als 300 Teilnehmenden der seit Monaten ausgebuchten Fachtagung im altehrwürdigen Saal der Hamburger Handwerkskammer. Die HFUK Nord war gemeinsam mit den Feuerwehr-Unfallkassen FUK Mitte und FUK Brandenburg Gastgeber des 8. FUK-Forum „Sicherheit“ im Rahmen der Kooperationsgemeinschaft der drei Feuerwehr-Unfallkassen. In seinem Grußwort machte Plambeck, im Hauptberuf Bürgermeister der Gemeinde Flintbek in Schleswig-Holstein, deutlich, wie wichtig aus Sicht des Trägers der Feuerwehr die Prävention von Unfällen bei Fahrten im Feuerwehrdienst ist. Neben dem persönlichen Leid, den ein solcher Unfall mit sich bringt, sind meist sehr hohe Sachschäden zu beklagen.

Einen Blick auf die gegenwärtige Situation nahm Tim Pelzl vor. Er leitet den Fachbereich „Feuerwehren, Hilfeleistung und Brandschutz“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), dem Dachverband aller Unfallkassen und Berufsgenossenschaften. In seinem Vortrag befasste er sich mit dem aktuellen Unfallgeschehen bei Dienst- und Einsatzfahrten der Feuerwehren und stellte einige Thesen vor, was aus Sicht der Prävention getan werden müsste, um die Risiken von Unfällen zu verringern. Dabei ging Tim Pelzl auch auf die Thematik der alternativen Antriebe ein: „Bemerkenswert sei, dass bereits vor 100 Jahren bei der Feuerwehr elektrisch betriebene Fahrzeuge probehalber in den Dienst gestellt wurden.“ Was die heutige Situation betreffe, „müssten z.B. Art und Umfang von Unterweisungen sowie die Normanforderungen an alternative Antriebe auf den Prüfstand gestellt werden“, stellte Pelzl klar.

Erkenntnisse aus Unfallgeschehen und Fahrzeugtechnik
Jürgen Kalweit von der HFUK Nord referierte aus der Praxis über die Erkenntnisse aus Unfalluntersuchungen. Als leitende Aufsichtsperson hat er zahlreiche Unfallereignisse mit Feuerwehrfahrzeugen analysiert. Die Ergebnisse der Ursachenforschung fasste er wie folgt zusammen: „Immer wieder sind es beispielsweise falsche Lenkmanöver, die Fahrzeuge zum Umstürzen bringen. Dies führt selbst bei geringen Geschwindigkeiten zu Unfällen.“ Kalweit fügte eine weitere Erkenntnis hinzu: „Erschreckend für uns war zudem, dass immer wieder schwere Verletzungen zu verzeichnen waren, weil die Sicherheitsgurte im Feuerwehrfahrzeug nicht angelegt wurden.“

Auf diese Problematik ging auch der folgende Referent Thomas Zawadke ein. Der Diplom-Ingenieur für Fahrzeugtechnik riet denen, die bei den Trägern der Feuerwehr für die Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen zuständig sind, bei der Ausschreibung genau zu formulieren, dass Gurtpeitschen und keine Gurtfahnen eingebaut werden. Mit den Gurtpeitschen ist das Anschnallen im Einsatzfahrzeug deutlich erleichtert, gerade wenn man dicke Einsatzschutzkleidung trägt. Weitere Ausführungen machte Thomas Zawadke in seinem Vortrag über die Aufbaugestaltung, Beladung, Antriebsart, Bereifung und Federungen von Feuerwehrfahrzeugen. Anschaulich verdeutlichte er, welche Auswirkungen die unterschiedlichen Elemente im und am Fahrzeug auf die Fahrsicherheit haben. Gerade bei modernen Feuerwehrautos mit Komfortsitzen und zahlreichen Federungen ist es wichtig, dass die Fahrerinnen und Fahrer noch ein Gefühl für die Bewegungen des Fahrzeuges haben. „Der Kontakt zur Straße wird immer geringer, die Federraten können sich positiv wie negativ überlagern. Bei Feuerwehrfahrzeugen sollte deshalb auf luftgefederte Sitze verzichtet werden“, plädierte Thomas Zawadke. „Als ebenfalls sehr kritisch anzusehen ist die gewichtsmäßig zunehmende Beladung auf den Dächern der Fahrzeuge und am Heck mit Schlauchhaspeln“, führte der Referent weiter aus.  

Mit auf einen Ausflug in die Psychologie nahm Jürgen Wiegand vom Institut für Arbeit und Gesundheit (IAG) der DGUV in Dresden das Publikum in seinem Vortrag über „Ablenkung im Straßenverkehr“. Er erläuterte die Zusammenhänge des Aufmerksamkeitsverhaltens mit der Verkehrsteilnahme und stellte wissenschaftliche Erkenntnisse über die Ablenkung im Straßenverkehr dar. Mit interaktiven Übungen während des Vortrages wurden die Teilnehmenden aktiv eingebunden, was als sehr abwechslungsreich empfunden wurde. Einen Einblick gab Jürgen Wiegand zudem in die Möglichkeiten der Prävention durch den Einsatz von Simulatoren. „Damit kann das Gefahrenbewusstsein der Verkehrsteilnehmenden erhöht werden“, führte der Referent aus.

Von alternativen Antrieben, Fahrerassistenten und Trendmaps
Welche Gefahren auf die Feuerwehren bei Einsätzen an Fahrzeugen mit alternativen Antrieben lauern, erläuterte Rolf Erbe von der Berliner Feuerwehr. Der Referent ist an der Berliner Feuerwehrakademie mit der Fortbildung im Einsatzwesen betraut. In seinem Beitrag stellte er viele Beispiele aus dem Einsatzalltag der Feuerwehren dar, in denen Feuerwehren mit alternativen Antriebstechnologien konfrontiert waren. Kritisch merkte Rolfe Erbe an, dass „Technologien im Umlauf seien, bevor von den Herstellern angedachte Sicherheitskonzepte durch die Feuerwehr geprüft werden konnten. Besonderer Wert müsse auf die Zusammenarbeit mit der Fahrzeugindustrie gelegt werden“, führte er aus. Sein Fazit lautete deshalb: „In der Aus- und Fortbildung der Feuerwehren müssen neue Themenschwerpunkte gesetzt werden.“

Hans Schneider von der Branddirektion München, dort zuständig für die Einsatzmittelplanung, stellte in seinem Beitrag die Erkenntnisse vor, die bei der Münchner Feuerwehr bei praktischen Erprobungen mit modernen Fahrerassistenzsystemen gewonnen wurden. Dabei ging er auch auf mögliche Beeinträchtigungen durch die Systeme bei Alarmfahrten ein. Hans Schneider plädierte bei seinem Vortrag dafür, dass die Feuerwehren Vorbild sein und ihre Fahrzeuge mit Abbiegeassistenten, die Unfälle im toten Winkel beim Rechtsabbiegen verhindern, ausstatten sollten. „Feuerwehren und Rettungsdienste werden nahezu tagtäglich mit den schrecklichen Folgen dieser Unfälle konfrontiert“, gab er zu bedenken.     

Einen Einblick in die Entwicklung sicherheitsrelevanter Dinge aus Sicht eines Herstellers von Feuerwehrfahrzeugen gab Alexander Ronacher von der Firma Rosenbauer. Er skizzierte eine „Feuerwehr-Trendmap“, die eine Grundlage für Entwicklungen im Fahrzeugbereich abbildet. „Die zahlreichen identifizierten Schwerpunkte der Trendmap werden vom Mantel der Sicherheit, Gesundheit und Security überspannt, da besonders diese Aspekte in heutigen Gesellschaften immer bedeutender werden“, führte Alexander Ronacher abschließend verheißungsvoll aus.

Prävention und Unfallversicherungsschutz in der Praxis

Über Prävention von Fahrzeugunfällen in der Praxis referierten die beiden Aufsichtspersonen der FUK Mitte und HFUK Nord Kerstin Lämmerhirt und Dirk Rixen in einem gemeinsamen Vortrag. (Bild: Holger Bauer)zoom
Über Prävention von Fahrzeugunfällen in der Praxis referierten die beiden Aufsichtspersonen der FUK Mitte und HFUK Nord Kerstin Lämmerhirt und Dirk Rixen in einem gemeinsamen Vortrag. (Bild: Holger Bauer)

Wie Prävention von Fahrzeugunfällen in der Praxis funktioniert und wie sich die Feuerwehr-Unfallkassen dabei engagieren, stellten die beiden Aufsichtspersonen Kerstin Lämmerhirt (FUK Mitte) und Dirk Rixen (HFUK Nord) in einem gemeinsamen Referat vor. Die HFUK Nord betreibt gemeinsam mit der Hamburger Feuerwehr-Akademie einen Verkehrs-Simulator, den Feuerwehren aus dem Geschäftsgebiet der Kasse vergünstigt nutzen können. Zudem bietet die HFUK Nord mit dem Landesfeuerwehrverband Schleswig-Holstein Fahrradtrainings an. Die FUK Mitte hat seit diesem Jahr ein Projekt für LKW-Führerscheinneulinge im Angebot, die als Fahrermaschinisten in den Feuerwehren tätig sind. Diese Zielgruppe kann sich für ein spezielles Fahrsicherheitstraining anmelden und trainiert dann auf einem Übungsplatz mit den eigenen Fahrzeugen verschiedene Fahrmanöver. „Mit diesen Präventionsmaßnahmen leisten die Feuerwehr-Unfallkassen einen wichtigen Beitrag, das Fahrpersonal auf kritische Situationen vorzubereiten und damit Unfälle zu vermeiden“, erläuterten Kerstin Lämmerhirt und Dirk Rixen die Zielsetzung der Projekte.

Wie die Feuerwehrangehörigen auf den Wegen zum und vom Feuerwehrdienst unter dem Versicherungsschutz der Feuerwehr-Unfallkassen stehen, erläuterte Detlef Harfst, stellv. Geschäftsführer der FUK Mitte, in seinem Referat. Anschaulich trug er vor, wann man versichert ist und welche Ausnahmen es z.B. gibt, wenn Abwege oder Umwege genommen werden oder Alkohol im Spiel ist. Dabei nahm Detlef Harfst auch Bezug auf die neuere Rechtsprechung der Sozialgerichte in Streitigkeiten nach Wegeunfällen.

Aktuelle Stunde thematisierte Krebsgefahren im Feuerwehrdienst
Auf Grund der vielfältigen Diskussionen um Gesundheitsgefahren im Feuerwehrdienst wurde eine aktuelle Stunde am Ende der Tagung eingeschobenen, in der Dirk Taeger vom Institut für Prävention und Arbeitsmedizin (IPA) der DGUV in Bochum einen Einblick in die aktuelle Forschungssituation zu Krebserkrankungen von Feuerwehrangehörigen gab. Er stellte in seinem Vortrag die Erkenntnisse der neusten Studien und Metaanalysen vor und führte zur Studie der DGUV aus, die zurzeit die Schadstoffbelastung von Einsatzkräften bei Brandereignissen mit Hilfe eines Bio-Monitorings untersucht. Erste Ergebnisse dieser Studie liegen bereits vor, mit dem Abschluss der Studie wird im Jahr 2020 gerechnet. „Dann sollen die gewonnenen Erkenntnisse dazu beitragen, die Schadstoffbelastung durch Brandeinsätze genauer zu bestimmen und die Präventionsmaßnahmen hinsichtlich der Einsatzhygiene weiter zu verbessern“, stellte Dirk Taeger in Aussicht.

Die Fachtagung der Feuerwehr-Unfallkassen bot auch auf den Podiumsdiskussionen an beiden Tagen viele Denkansätze und Möglichkeiten zum fachlichen Austausch. Das Abendprogramm fand wie gewohnt auf dem Traditionssegler „Rickmer Rickmers“ im Hamburger Hafen statt und sorgte für zusätzliche Gelegenheiten zum Netzwerken und für Fachgespräche.  

Vorträge zum Herunterladen und Tagungsband
Für die Nachbereitung des 8. FUK-Forum „Sicherheit“ gibt es zudem für die Tagungsteilnehmenden die Möglichkeit, die Manuskripte der Vorträge herunterzuladen. Dafür wird der interne Zugang zur Homepage der HFUK Nord genutzt. Benutzername und Passwort wurden mit den Tagungsunterlagen ausgegeben. Ein Tagungsband in Buchform mit allen Beiträgen wird im Frühjahr 2020 herausgeben. Diesen erhalten alle, die an der Tagung teilgenommen haben. Restexemplare können bei der HFUK Nord kostenlos geordert werden.   

Für alle, die sich jetzt schon den nächsten Termin für das 9. FUK-Forum „Sicherheit“ der Feuerwehr-Unfallkassen HFUK Nord, FUK Mitte und FUK Brandenburg vormerken möchten, geben wir hiermit bekannt, dass die Handwerkskammer Hamburg als Tagungsstätte für den 29.-30.11.2021 gebucht worden ist. Die Abendveranstaltung wird am 29.11.2021 wieder auf der „Rickmer Rickmers“ stattfinden.      

Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)

Kontakt und Ansprechpersonen
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Zentrale Postadresse: Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord
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