Schraub, schraub, schraub ...: Warum Anbauteile an PSA gefährlich werden können

12.12.2016

Anbauteile an PSA wie z.B. Helmlampen oder Holster erfreuen sich großer Beliebtheit. Durch eine Kombination von Zubehörteilen mit geprüfter PSA kann es zu einer negativen Beeinflussung der Ausrüstung und somit zu einer Gefährdung für den Träger kommen.

Diese Helmhalterung wurde in die Helmschale hineingeschraubt. Die Schale ist dadurch schwer beschädigt worden. (Foto: HFUK Nord)zoom
Diese Helmhalterung wurde in die Helmschale hineingeschraubt. Die Schale ist dadurch schwer beschädigt worden. (Foto: HFUK Nord)

Anbauteile an PSA wie z.B. Helmlampen oder Holster erfreuen sich großer Beliebtheit. Die kleinen Helfer erleichtern einem das Leben und ermöglichen den Feuerwehrangehörigen, nützliches Werkzeug mitzunehmen. Die Anforderungen an eine persönliche Schutzausrüstung (PSA) sind in Deutschland sehr hoch und PSA werden vor der Markteinführung ausgiebig geprüft. Das trifft leider nicht auf alle Zubehörteile zu. Durch eine Kombination von Zubehörteilen mit geprüfter PSA kann es zu einer negativen Beeinflussung der Ausrüstung und somit zu einer Gefährdung für den Träger kommen. Der Artikel soll daher auf mögliche Gefahren hinweisen und aufzeigen, welchen Weg eine Feuerwehr gehen muss, wenn sie Zubehörteile verwenden möchte.

Prüfung der PSA vor dem In-Verkehr-Bringen
Bringt ein In-Verkehrbringer (Hersteller oder Importeur) eine neue PSA, sei es eine neue Schutzkleidung, Stiefel, Helme oder Pressluftatmer auf den Markt, so muss diese nach den aktuell gültigen Normen geprüft und dann zertifiziert werden. Erst dann gilt die PSA als „zugelassen“.

Während der Prüfung zur Zertifizierung untersucht eine unabhängige Zertifizierungsstelle die PSA nach diversen Leistungskriterien wie z.B. Hitzebeständigkeit (Beflammungstests), Funktionalität unter Belastung, Wärme- sowie Feuchtigkeitsdurchgang oder Verformung unter Belastung. Neben den Leistungskriterien wird zusätzlich durch Tragetests versucht, mögliche Gefahrenpunkte (z.B. hängenbleiben) zu identifizieren.

Um den Anforderungen der Feuerwehren gerecht zu werden, sind die Hersteller einer PSA bemüht, nützliche Zubehörteile anzubieten. Jedoch muss jedes Zubehörteil ebenfalls den oben genannten Zertifizierungsweg gehen und vor allem in Kombination mit der PSA geprüft werden.

PSA-Anbauteile: Wer ist für die sichere Funktion und Verwendung verantwortlich?
Grundsätzlich sollte innerhalb der Feuerwehr entschieden werden, welche Zubehör- bzw. Anbauteile einheitlich vorgegeben werden. Entscheidet sich eine Feuerwehr, etwas anderes als vom Hersteller angebotenes als Zubehör zu verwenden, so tritt sie in die Verantwortung eines Herstellers und übernimmt auch die entsprechenden Pflichten, die Sicherheit der neuen Kombination nachzuweisen. Dies gilt beispielsweise für Helmlampen, Holster, Taschen oder sonstiges Zubehör.

Der Nachweis der sicheren Funktion und Verwendbarkeit muss durch die Feuerwehr mittels Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden. Anfragen an die Feuerwehr-Unfallkassen oder die Hersteller von PSA bezüglich der Zulassung einer Kombination können oft nicht beantwortet werden, da die Eigenschaften und Leistungsgrenzen der extern beschafften Zubehörteile nicht bekannt sind. Im schlimmsten Falle könnte das bedeuten, dass die neue Kombination als Nachweis der Sicherheit beispielsweise einem Beflammungstest unterzogen werden muss.

Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass in manchen Fällen die Hersteller oder Lieferanten der Zubehörteile bei einer zu erstellenden Gefährdungsbeurteilung keine Angaben zur Sicherheit und Leistungsfähigkeit ihrer eigenen Produkte machen können.

Im schlimmsten Fall werden Zubehörteile verwendet, die zu einer Erhöhung der Gefährdung für den Träger führen.

Zubehörhandel: Holster, Taschen und Beutel „für den Innenangriff“
Ein praktisches Beispiel: Holster, Taschen und Leinenbeutel aus dem Zubehörhandel werden manchmal mit dem Zusatz „für den Innenangriff“ verkauft. Hinzu kommt z.B. die Bezeichnung einer Stadt, mit deren Feuerwehr zusammen die Tasche oder der Beutel entwickelt wurde. Dies könnte einem Endverbraucher suggerieren, dass diese Tasche dann besonders geeignet sein muss, wenn auch die Feuerwehr XY diese Tasche verwendet. Dass dem nicht immer so ist, soll hier am nachfolgenden Beispiel erläutert werden.

Der Feuerwehr–Mehrzweckbeutel nach DIN 14922 wurde so beschrieben, dass er an die Leistungsstufen der EN 469 angelehnt ist. Das soll gewährleisten, dass ein Trupp im Innenangriff beim Zubehör auf ähnliches Schutzniveau vertrauen kann wie bei seiner PSA.

Auf Nachfragen bei einem Lieferanten, ob die Zubehörteile nach Normen oder zumindest in Anlehnung an Normen für z.B. Jacken und Hosen (EN 469) geprüft wurden, um ein einheitliches Schutzniveau zu erhalten, wurde das verneint. Zudem gab es zu dem Beutel keinerlei Produktinformationen. Lediglich eine Waschanleitung ohne Angaben zu den verwendeten Materialien und deren Eigenschaften wurde mitgegeben.

Bei weiterem Nachfragen stellte sich heraus, dass der Beutel weder auf Weiterreißfestigkeit, Beflammung oder Notlöseeigenschaften der Trageriemen getestet wurde. Der Beutel war zudem aus einem Material hergestellt, das einen niedrigen Flammpunkt (um die 200°C) besitzt und nicht selbstverlöschend ist. Den Beutel daher in einem Bereich einzusetzen, in dem höhere Temperaturen herrschen, ist verantwortungslos.

Der Lieferant nahm dazu uns gegenüber Stellung und meinte, dass diejenigen, die das Zubehör nutzen, eine Gefährdungsbeurteilung erstellen müssen. Hier beißt sich jedoch die Katze in den Schwanz. Wie soll eine qualifizierte Gefährdungsbeurteilung erstellt werden, wenn die Informationen der Lieferanten und Hersteller nicht vorliegen?

Lampenhalterung durch den Helm gebohrt
Als weiteres Beispiel können Helmlampen aufgeführt werden. Einige Hersteller bieten Helmlampen für ihre Helme an. Diese wurden mit dem Helm geprüft und sind zugelassen. Aber auch im Zubehörhandel sind etliche Modelle für fast jeden Helm zu bekommen. Während der Besichtigungen durch die Feuerwehr-Unfallkassen stellen wir immer wieder fest, dass die Lampenhalterungen teilweise falsch angebracht wurden und die Helmschale beschädigt wurde. In den schlimmsten Fällen wurden die Helmschalen durchbohrt. Eine Schutzwirkung wird somit durch den Helm-Hersteller nicht mehr garantiert. Die Verantwortung geht hier auf den „Anbringer“ über.

Als Fazit kann somit festgehalten werden, dass Zubehörteile zwar verwendet werden können, ihre Verwendung jedoch genau durchdacht und gegebenenfalls mit einer Gefährdungsbeurteilung belegt werden muss. Jeder Feuerwehr sollte klar sein, dass die entsprechenden Pflichten des Herstellers auf sie übergehen.

Deswegen abschließend noch einmal unser Rat: Anbauteile sollten einheitlich und nur mit Zustimmung der Wehrführung beschafft und verwendet werden.

Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord)

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