KIEL, 11.12.2015, Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord
(im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Feuerwehr-Unfallkassen Deutschlands)
Bei der Ausbildung der Feuerwehren, dem sogenannten Übungs-
und Schulungsdienst, sollte es eigentlich nicht zu Unfällen kommen.
Dennoch wird jeder dritte Unfall außerhalb des Einsatzdienstes
verursacht. Die Feuerwehr-Unfallkassen wollten gemeinsam mit ihrem 6.
FUK-Forum „Sicherheit“ am 7. und 8. Dezember 2015 in Hamburg der Sache auf den Grund gehen. Fazit: Die
subjektive Gefahrenwahrnehmung weicht manchmal von der Realität ab.
Dennoch kann eine Menge getan werden, um beim Übungsdienst für
Sicherheit zu sorgen.
Das 6. FUK-Forum „Sicherheit“ war bereits im September 2015 mit 300
Teilnehmenden ausgebucht. Das Interesse an Fragen der Sicherheit im
Feuerwehrdienst ist ungebrochen. Nachfolgend einige Streiflichter aus
den Referaten.
Warum Sicherheit manchmal gefährlich ist
Dr.
Hiltraut Paridon vom Institut für Arbeit und Gesundheit der DGUV,
Dresden, ging auf die Unterschiede zwischen subjektiver Gefährlichkeit
und objektiver Gefahr ein. Mit ihrer Einschätzung liegen Feuerwehrleute
manchmal schwer daneben. Eine vermeintliche Sicherheit kann zu einer
folgenschweren Gefahrenunterschätzung führen. Weiter ging die Referentin
auf das Thema „Lernen“ ein. Es stelle sich die Frage, ob Unfälle nur
„abgehakt“ würden oder Fehlverhalten zu Änderungen im künftigen
Verhalten führen?
Analyse und Umsetzung
Den Reigen der Analyse des Unfallgeschehens eröffnete Detlef Garz, FUK Mitte. Als Leiter des Sachgebietes „Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen“ der DGUV hat er einen bundesweiten Einblick in das Unfallgeschehen. Im Mittelpunkt seiner Ausführungen zu den Unfällen bei Übungen stand die Interpretation der gesammelten Daten und Fakten. Bundesweit würden jährlich im Schnitt 15.500 Unfälle bei den Freiwilligen Feuerwehren und deren Jugendabteilungen verursacht. Die Zahl der Todesfälle läge bei 9. Unfallschwerpunkte bei Ausbildung und Übung seien beispielsweise Wettkämpfe und sogenannte realitätsnahe Übungen, die durch ihre Zahl oder die Schwere hervorstechen. Unter Berücksichtigung der höheren Expositionszeiten stünde folgendes Fehlverhalten im Fokus:
- Falsches Sicherheitsbewusstsein (nur eine Übung)
- Nichtbenutzen von Schutzausrüstung
- Leichtsinn / Gefahrenunterschätzung
Unfallschwerpunkt Feuerwehr-Wettbewerbe
Wie verunfallen sie
denn, die Feuerwehrleute? Diese Frage stellte Kerstin Lämmerhirt, FUK
Mitte, am Ende eines jeden Jahres. Feuerwehr-Wettbewerbe sind fester
Bestandteil des Übungs- und Schulungsdienstes. Sie sind gleichzeitig
aber auch gefährlich und fallen durch ein hohes Unfallgeschehen auf. Die
zahlreichen Disziplinen orientieren sich an den verschiedenen Bereichen
der Feuerwehrarbeit. Mit ihrem Beitrag ging Kerstin Lämmerhirt
praxisbezogen auf die Gefahrenschwerpunkte bei Feuerwehrwettbewerben
ein, erläuterte Beispiele und zog Rückschlüsse auf die Unfallzahlen der
Feuerwehr-Unfallkasse Mitte. Weiter zeigte sie Möglichkeiten auf, die
zur Verringerung des Unfallgeschehens beitragen könnten.
„Heiße“
Übungen: Unfallgeschehen und Sicherheitsanforderungen
In der
Vergangenheit, so wusste Claas Schröder, Aufsichtsperson der FUK
Niedersachsen, zu berichten, freute sich jede Feuerwehr, wenn sie ein
Objekt für eine „heiße Übung“ angeboten bekam. Nur leider – so die
Erfahrungen der zuständigen Unfallversicherungsträger – wird dabei
vielfach über das Ziel hinausgeschossen. Die Verantwortlichen hätten in
der Regel keine Möglichkeit, in das Geschehen regulierend einzugreifen.
Abgesehen davon hätten solche Übungen einen typischen Zufallscharakter.
Bei der Nutzung spezieller Übungsanlagen zur Heißausbildung gäbe es eine
Rückfallebene. Fehler der Übenden sind erlaubt und eingeplant. Das
Risiko, in solchen Übungsanlagen dauerhafte Gesundheitsschäden zu
erleiden, könne als gering eingestuft werden.
Unfall beim Üben der
Höhenrettungsgruppe
Ende September 2014 ereignete sich bei der Übung
einer Höhenrettungsgruppe der BF Rostock ein folgenschwerer Unfall.
Während einer Übung seilte sich ein Berufsfeuerwehrmann vom Schlauchturm
ab. Dabei rissen zwei Sicherungsseile und der Feuerwehrmann stürzte vom
2. Obergeschoß in die Tiefe. Johann Edelmann, Leiter der BF Rostock,
berichtete über die durchgeführten Ermittlungen und die akribische Suche
nach der Ursache des tragischen Geschehens. Im Vortrag wurden Hergang
und die näheren Umstände beleuchtet. Vorgestellt wurde den Teilnehmern
die ergriffenen Sofortmaßnahmen sowie die Auswirkungen auf Weiterbildung
und Einsatzdienst der BF Rostock.
Beinahe-Unfälle – Datenbank als
Seismograph
Mit einer Unfallanzeige sind zwar alle Daten und Fakten
bekannt – aber leider ist es zu spät. In der Prävention kommt den
„kritischen Situationen“ im Feuerwehrdienst ein besonderes Gewicht zu.
Das Problem: Jeder kennt sie, aber niemand berichtet über diese
„Schwein-gehabt-Ereignisse“. Dies wäre – so Dirk Rixen, HFUK Nord – für
die Versicherungsträger wichtig, weil die Datenbank FUK-CIRS, ähnlich
wie ein Seismograph, Unfälle vorhersehbar mache. Mit Sicherheit führten
viele kritische Situationen irgendwann zu einem Unfall. Berichtet wurde,
welche Meldungen bisher in FUKCIRS aufgelaufen sind und welche
Folgerungen daraus gezogen wurden. Mehr: www.fuk-cirs.de
Sicherheit bei
der Standortausbildung
Das Thema „Arbeitssicherheit“ halte auf
verschiedene Weise Einzug in die Freiwillige Feuerwehr, so Christian
Heinz, HFUK Nord. Die Ausgestaltung der Standortausbildung obliege in
der Regel der Freiwilligen Feuerwehr selbst. Deshalb seien Planung,
Ausgestaltung und Durchführung der Ausbildung ein wichtiges Kriterium
für die Unfallverhütung. Die Feuerwehr-Unfallkassen geben hierfür
umfangreiche und hochwertige Arbeitshilfen heraus und bilden
Sicherheitsbeauftragte in jeder Wehr aus. Diesen Kameraden käme als
Berater in Sachen Arbeitssicherheit eine wichtige Rolle zu. Heinz
stellte u.a. das System der Aus- und Fortbildung von
Sicherheitsbeauftragten der HFUK Nord dar.
Gefährdungsbeurteilung für
Einsatzübungen der Feuerwehren
Bei Einsatzübungen sollte unter möglichst
realitätsnahen Bedingungen geübt werden. Eine Überforderung der Übenden
ist aber zu vermeiden. Im Gegensatz zur Ausbildung könnten
Grundfertigkeiten vorausgesetzt werden und es kann das Zusammenspiel
auch bei unbekannten Lagen erprobt werden. Diese Aussagen vertrat Dr.
Thorsten Wolf, Bochum, auf dem Forum. Die Sicherheit der Übenden müsse
immer gewährleistet werden. Im Unterschied zur Ausbildung sei es aber
denkbar, dass nicht allen Gefährdungen durch technische Maßnahmen
begegnet werde. Anders als im Einsatz sei ein Abweichen von
Unfallverhütungsvorschriften in keinem Fall zulässig. Eine kritische
Begehung des Übungsobjektes und ein Einblick in eine gegebenenfalls
vorhandene Gefährdungsbeurteilung sollten selbstverständlich sein.
Sicherheit beim Arbeiten mit Motorsägen
Praxisorientiert informierten
Hanno Gressmann, KFV Hzgt. Lauenburg, und Jürgen Kalweit, HFUK Nord,
über Sicherheit beim Üben und durch das Üben mit der Motorkettensäge.
Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt eine witterungsbedingte Zunahme
der Feuerwehreinsätze, bei denen die Motorsägen zum Einsatz kommen.
Wird ein solch gefährliches Arbeitsgerät eingesetzt, bedarf es einer
umfassenden Ausbildung und Übung der Motorsägenführerinnen und –führer.
Gressmann und Kalweit zeigten auf, welche Übungsinhalte auf jeden Fall
dazugehören. Zum Beispiel wäre das Training an den sogenannten
Baumbiegesimulatoren unverzichtbar, so Hanno Gressmann. Jürgen Kalweit
verwies auf der Förderprogramm der HFUK Nord, dass die Anschaffung
solcher Simulatoren zukünftig bezuschusst.
Verhütung von S-R-S-Unfällen
Bei der HFUK Nord wurden 2014 fast 700 Unfälle gezählt, die mit
Stolpern, Rutschen und Stürzen zusammenhingen. Dies sind 44% vom
gesamten Unfallgeschehen. Im Übungs- und Schulungsdienst sind knapp 40%
aller Unfälle auf SRS zurückzuführen. Ausgehend von der Frage, ob ein
spezielles Training dazu beitragen könne, die SRS-Unfallhäufigkeit zu
verringern, wurde zusammen mit dem Institut für Sportwissenschaft der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel untersucht. Jens-Oliver Mohr,
Referent für gesundheitliche Prävention, berichtete über positive
Ergebnisse.
Im Verlauf der Fachtagung wurde das neue Medienpaket
„Sicherer Übungsdienst“ der Feuerwehr-Unfallkassen vorgestellt. Weiter
berichtete Geschäftsführer Thomas Wittschurky, FUK Niedersachsen, über das
Präventions-Projekt „Sicher zum Übungsdienst und wieder zurück“.
FUK-Forum als Dokumentation und im Internet
Die Feuerwehr-Unfallkassen
geben wie immer eine gedruckte Dokumentation des FUK-Forums „Sicherheit“
in Buchform heraus. Alle Teilnehmenden bekommen die Dokumentation im
Frühjahr 2016 zugesendet. Für diejenigen, die die Tagungsbeiträge des
6. FUK-Forum „Sicherheit“ noch einmal recherchieren und nachbereiten
möchten, stehen die Manuskripte der Vortragenden voraussichtlich ab
17.12.2015 auf der Internetseite der HFUK Nord zum Herunterladen zur
Verfügung. (www.hfuk-nord.de)
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Die Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord (HFUK Nord) ist
Träger der gesetzlichen Unfallversicherung für die Freiwilligen
Feuerwehren in den Ländern Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und
Schleswig-Holstein. Die HFUK Nord betreut über 120.000
Feuerwehrangehörige. Mit vier Standorten in Hamburg, Kiel, Güstrow und
Schwerin ist die Kasse in der Fläche vertreten.
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Bilder für die Veröffentlichung können Sie hier aufrufen bzw. herunterladen:
Bild FUK-Forum "Sicherheit"-1 (copyright L. Kettenbeil)
Bildbeschreibung: Das 6. FUK-Forum "Sicherheit" der Feuerwehr-Unfallkassen wurde unter Federführung der HFUK Nord in der Handwerkskammer Hamburg ausgerichtet. Rund 300 Teilnehmende hatten sich zu der zweitägigen Fachtagung eingefunden.
Bild FUK-Forum "Sicherheit"-2 (copyright H. Bauer)
Bildbeschreibung:
Rund 300 Teilnehmende konnten zum 6. FUK-Forum "Sicherheit" begrüßt werden.
Bild FUK-Forum "Sicherheit"-3 (copyright H. Bauer)
Bildbeschreibung:
Podiumsdiskussion mit den Referenten des ersten Tages Claas Schröder (Aufsichtsperson der FUK Niedersachsen), Johann Edelmann (Leiter Berufsfeuerwehr Rostock), Dirk Rixen (Aufsichtsperson HFUK Nord), Detlef Garz (Leiter des Sachgebietes "Feuerwehren und Hilfeleistungsorganisationen" der DGUV und Aufsichtsperson FUK Mitte) und Kerstin Lämmerhirt (Aufsichtsperson FUK Mitte) (v.l.n.r)
Bild FUK-Forum "Sicherheit"-4
(copyright H. Bauer)
Bildbeschreibung:
Podiumsdiskussion mit den Referenten des zweiten Tages Jürgen Kalweit (Leitende Aufsichtsperson HFUK Nord), Rolf Reich (Aufsichtsperson FUK Brandenburg), Dr. Torsten Wolf (Fachberater Freiwillige Feuerwehr Bochum), Jens-Oliver Mohr (Referent für gesundheitliche Prävention HFUK Nord), Thomas Wittschurky (Geschäftsführer FUK Niedersachsen), Christian Heinz (stellv. Geschäftsführer HFUK Nord) und dem Moderator Prof. Peer Rechenbach (v.l.n.r.)
Sie benötigen weitere Bilder bzw. Materialien? Bitte kontaktieren Sie uns.
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Weitere Auskünfte erteilt:
Christian Heinz
Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse Nord
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Telefax (0431) 990748-50
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